Wachstumschancengesetz: Welche Steueränderungen beschlossen wurden - und welche doch nicht

 

Nach langem Hin und Her ist es jetzt beschlossene Sache: das Wachstumschancengesetz. Der Bundesrat hat am 22. März 2024 dem Kompromissvorschlag des Vermittlungsausschusses zugestimmt. Einige Punkte wurden wie geplant, andere in etwas veränderter Form beschlossen. Manche angedachte Neuerung ist aber auch dem Rotstift zum Opfer gefallen. Der Lohnsteuerhilfeverein Vereinigte Lohnsteuerhilfe e. V (VLH) fasst aus jeder Kategorie vier Maßnahmen zusammen und erläutert, was sich dadurch mit Blick auf die Einkommensteuer ändert - und was sich nun eben doch nicht ändert.

 

Positive Maßnahmen und bedauerliche Streichungen

 

Alles in allem bringt das Wachstumschancengesetz den ein oder anderen Vorteil für Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. "Positiv für Rentnerinnen und Rentner ist natürlich der langsamer steigende Besteuerungsanteil, der beschlossen worden ist", sagt VLH-Vorstandsvorsitzender Jörg Strötzel. Auch die höhere Freigrenze für Gewinne aus Privatverkäufen komme zahlreichen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern zugute: "Dadurch rutscht man bei privaten Veräußerungsgeschäften nicht ganz so schnell in die Steuerpflicht", erläutert Strötzel. Auch die Möglichkeit einer degressiven Abschreibung für Wohngebäude sei eine gute Sache: "Wenn Investitionskosten schneller abgeschrieben werden können, kann das den Wohnungsneubau als Kapitalanlage attraktiver machen."

 

Einige ursprünglich vorgesehene Maßnahmen werden nun allerdings doch nicht umgesetzt. Zum Beispiel höhere Verpflegungspauschalen: "Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist es sehr nachteilig, dass die vom Bundestag beschlossene Anhebung der Verpflegungspauschalen gestrichen wurde", sagt VLH-Vorstandsmitglied Uwe Rauhöft. Aufgrund der massiven Kostensteigerung hoffe man hier auf eine Anpassung in einem kommenden Steuergesetz. "Glücklicherweise bleibt im Gesetz zumindest für Berufskraftfahrer eine kleine Anhebung der Übernachtungspauschale", so Rauhöft. Er hätte sich zudem gewünscht, dass unter anderem die angedachten steuerlichen Verbesserungen für energetische Sanierungen von Altbauten beschlossen worden wären: "Das sind wichtige Anreize für private Investitionen, deshalb sind die Streichungen bedauerlich."

 

Diese Maßnahmen werden wie geplant umgesetzt:

 

1. Renten: Besteuerungsanteil steigt langsamer

 

Rückwirkend ab dem Jahr 2023 steigt der Besteuerungsanteil für jeden neuen Renteneintrittsjahrgang nur noch um 0,5 Prozentpunkte statt wie bisher um 1,0 Prozentpunkte. Das bedeutet: Wer 2023 in Rente gegangen ist, muss nicht 83 Prozent, sondern nur 82,5 Prozent der Rente versteuern. Somit erhöht sich der Rentenfreibetrag auf 17,5 Prozent. Für den Renteneintrittsjahrgang 2024 steigt der Besteuerungsanteil auf 83 Prozent, für den Jahrgang 2025 auf 83,5 Prozent, für den Jahrgang 2026 auf 84 Prozent und so weiter. Die 100 Prozent werden dann 2058 erreicht: Wer ab dem Jahr in Rente geht, muss seine komplette Rente versteuern und hat keinen Rentenfreibetrag mehr zur Verfügung.

 

2. Altersentlastungsbetrag: Besteuerung steigt jährlich um 0,4 Prozentpunkte

 

Wer neben Alterseinkünften weitere Einkünfte hat - zum Beispiel Zinsen aus Kapitalerträgen, Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung oder Arbeitslohn -, profitiert steuerlich gesehen vom Altersentlastungsbetrag. Auch für diesen wird, wie bei der "normalen" Rente, der Anstieg des Besteuerungsanteils rückwirkend ab 2023 verlangsamt: Statt um 0,8 Prozentpunkte pro Renteneintrittsjahrgang erhöht sich dieser jährlich nur um 0,4 Prozentpunkte.

 

3. Privatverkäufe: Gewinne bis 1.000 Euro steuerfrei

 

Gewinne aus Privatverkäufen müssen unter bestimmten Umständen versteuert werden. Bislang galt dabei eine Freigrenze von 600 Euro - diese steigt rückwirkend zum 1. Januar 2024 auf 1.000 Euro. Das heißt: Wer weniger als 1.000 Euro Gewinn in einem Kalenderjahr durch private Veräußerungsgeschäfte erzielt, muss diesen nicht versteuern.

 

4. Übernachtung in Lkw-Schlafkabine: Höhere Pauschale

 

Berufskraftfahrer/innen können zusätzlich zur Verpflegungspauschale eine Pauschale für Übernachtungen in der Lkw-Schlafkabine steuerlich geltend machen. Diese steigt rückwirkend zum 1. Januar 2024 von 8 auf 9 Euro pro Nacht.

 

Diese Maßnahmen werden mit Änderungen umgesetzt:

 

1. Fünftelregelung im Lohnsteuerabzugsverfahren wird abgeschafft

 

Dank der sogenannten Fünftelregelung können Arbeitnehmende beispielsweise für Abfindungen, Entschädigungen oder Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten Steuern sparen. Und zwar indem die entsprechende Tarifermäßigung schon bei der Berechnung der Lohnsteuer berücksichtigt wird. Diese Möglichkeit wird es ab dem Veranlagungszeitraum 2025 nicht mehr geben. Grund für die Streichung ist die Komplexität des Verfahrens für Arbeitgebende. Ursprünglich war im Wachstumschancengesetz vorgesehen, die Fünftelregelung bereits ab dem Veranlagungszeitraum 2024 abzuschaffen. Auf Vorschlag des Vermittlungsausschusses einigte man sich auf den Veranlagungszeitraum 2025.

 

2. Privatnutzung von Elektroautos: Preisgrenze steigt auf 70.000 Euro

 

Wer als Arbeitnehmer/in ein dienstliches Elektroauto ohne CO2-Emissionen auch privat nutzen darf, muss effektiv nur 0,25 Prozent - statt 1,0 Prozent bei Verbrennerautos - des Bruttolistenpreises versteuern. Bisher war das aber nur bei Fahrzeugen mit einem Bruttolistenpreis von höchstens 60.000 Euro möglich. Diese Grenze steigt nun auf 70.000 Euro und gilt für alle Elektro-Firmenwagen, die nach dem 31. Dezember 2023 angeschafft worden sind oder angeschafft werden. Für Hybridfahrzeuge mit einer Mindestreichweite von 80 Kilometern gilt das Gleiche, also eine Versteuerung mit 0,25 Prozent. Eigentlich sollte diese Möglichkeit für nicht vollelektrische Fahrzeuge laut Wachstumschancengesetz gestrichen werden, auf Vorschlag des Vermittlungsausschusses bleibt sie aber bestehen.

 

3. Wohngebäude: Degressive Abschreibung von 5 Prozent

 

Für Wohngebäude wird eine degressive Abschreibung in Höhe von 5 Prozent eingeführt. Im Wachstumschancengesetz waren 6 Prozent vorgesehen, der Vermittlungsausschuss empfahl eine Reduzierung um einen Prozentpunkt. Die degressive Abschreibung kann genutzt werden, wenn der Baubeginn des Wohngebäudes zwischen dem 1. Oktober 2023 und dem 30. September 2029 liegt. Beim Erwerb einer Immobilie muss der Kaufvertrag zwischen dem 1. Oktober 2023 und dem 30. September 2029 rechtswirksam geschlossen und die Immobilie bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung erworben werden.

 

Im ersten Jahr können bei der degressiven Abschreibung in beiden Fällen 5 Prozent der Investitionskosten steuerlich geltend gemacht werden und in den folgenden Jahren jeweils 5 Prozent des jeweiligen Restwerts. Die degressive Abschreibung ist nicht auf Dauer verpflichtend, es kann in die lineare Abschreibung gewechselt werden, um im Bedarfsfall beispielsweise außergewöhnliche Abnutzungen steuerlich geltend machen zu können.

 

4. Erweiterter Verlustvortrag: Grenze auf 70 Prozent erhöht

 

In der Einkommensteuererklärung besteht die Möglichkeit, einen Verlustvortrag zu nutzen. So lässt sich ein Verlust aus einem schlechten Jahr auf ein besseres Jahr verschieben, und das mindert dann das zu versteuernde Einkommen beispielsweise im kommenden Jahr. Bis zu einem Betrag von einer Million Euro ist ein Verlustvortrag uneingeschränkt möglich. Darüber hinaus galt für den Verlustvortrag bislang eine Grenze von 60 Prozent der Einkünfte des Verlustvortragsjahrs. Diese Grenze wird für die Veranlagungszeiträume 2024 bis 2027 auf 70 Prozent erhöht. Im Wachstumschancengesetz war eine Erhöhung auf 75 Prozent vorgesehen, der Vermittlungsausschuss empfahl fünf Prozentpunkte weniger.

 

Diese Maßnahmen werden doch nicht umgesetzt:

 

1. Keine Freigrenze für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung

 

Laut den Plänen im Wachstumschancengesetz sollte ab 2024 eine Steuerfreigrenze für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 1.000 Euro eingeführt werden. Ziel sollte eine Bürokratie-Entlastung vor allem für private Kleinvermieter/innen sein. Doch diese Maßnahme wird nicht umgesetzt.

 

2. Keine Erhöhung der Grenze für Geringwertige Wirtschaftsgüter

 

Sogenannte Geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG), die höchstens 800 Euro netto kosten, können direkt abgeschrieben werden. Die Abschreibung muss also nicht auf die Nutzungsdauer verteilt werden. Das kann beispielsweise nützlich sein für Büroeinrichtungen im Arbeitszimmer oder teure Smartphones, die beruflich genutzt werden. Laut Wachstumschancengesetz sollte die Grenze für GWG auf 1.000 Euro angehoben werden, doch der Vermittlungsausschuss empfahl die Streichung dieser Erhöhung.

 

3. Keine Erhöhung der Verpflegungspauschalen

 

Wer 2024 auf Dienstreise geht und mindestens acht Stunden unterwegs ist, sollte laut den Plänen im Wachstumschancengesetz Anspruch auf eine Verpflegungspauschale von 16 Euro haben, also 2 Euro mehr als im Vorjahr. Für eine Abwesenheit von mindestens 24 Stunden sollten pauschal 32 Euro geltend gemacht werden können. Das wären 4 Euro mehr als 2023. Handelt es sich um eine mehrtägige Dienstreise, sollte darüber hinaus die Pauschale für den An- und Abfahrtstag jeweils 16 Euro betragen. Diese Erhöhungen der Pauschalen wurden aber nach der Beratung im Vermittlungsausschuss gestrichen.

 

4. Keine höheren Fördersätze für energetische Sanierungsmaßnahmen

 

Hausbesitzer/innen, die ihre Gebäude energetisch sanieren, können unter anderem eine Ermäßigung der tariflichen Einkommensteuer beantragen. Laut Wachstumschancengesetz sollte ab 2024 für Maßnahmen an begünstigten Objekten, die nach dem 31. Dezember 2023 begonnen wurden und vor dem 1. Januar 2026 abgeschlossen werden, im Kalenderjahr des Abschlusses der Sanierungsmaßnahmen eine Steuerermäßigung von 10 Prozent der Kosten (höchstens 14.000 Euro) geltend gemacht werden können. Und im darauffolgenden Kalenderjahr sollten es nochmals 10 Prozent (höchstens 12.000 Euro) sein. Nach der Sitzung des Vermittlungsausschusses bleibt es allerdings bei den bisherigen 7 Prozent im Jahr des Abschlusses und im darauffolgenden Kalenderjahr sowie 6 Prozent im letzten Jahr, so der VLH.

 

Kein Kita-Platz weit und breit? – Was Eltern zum Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung wissen sollten

 

Seit dem 1. August 2013 haben Eltern in Deutschland einen gesetzlichen Anspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab dem ersten Lebensjahr – soweit die Theorie. In der Praxis suchen viele verzweifelte Eltern oft lange nach Unterstützung, um Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Anspruch und Wirklichkeit klaffen in vielen Regionen weit auseinander. Aber was tun, wenn weit und breit kein Kita- oder Kindergartenplatz in Sicht ist? ROLAND-Partneranwalt Ansgar Bigge von der Sozietät Bietmann Rechtsanwälte Steuerberater PartmbB erklärt alles Wichtige zum Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung.

 

Wer hat Anspruch auf Kinderbetreuung?

 

Der deutschlandweite Anspruch auf Kinderbetreuung für Kinder zwischen einem und drei Jahren wurde im Sozialgesetzbuch rechtlich verankert. Außerdem gilt schon länger, dass alle Kinder ab dem vollendeten dritten Lebensjahr bis zum Schuleintritt, das Recht auf einen Kindergartenplatz haben. „Grundsätzlich haben damit alle Eltern, die ihre Kinder nicht selbst betreuen können, Anspruch auf einen Betreuungsplatz“, erläutert Ansgar Bigge, Partneranwalt von ROLAND Rechtsschutz. „Dennoch gibt es für Eltern leider oftmals keine Garantie, dass ihr Kind tatsächlich betreut werden kann.“

 

Auch wenn der Bund seit einigen Jahren den Ausbau der Betreuungsplätze massiv vorantreibt, ist die regionale Verteilung sehr unterschiedlich. In vielen Städten und Orten sind die vorhandenen Kapazitäten in Kindertagesstätten oder Kindergärten oft überlastet, und die Wartelisten scheinen endlos zu sein. „In solchen Fällen ist es wichtig, dass Eltern ihre Rechte kennen und wissen, wie sie vorgehen können, um den gesetzlichen Anspruch auf Kinderbetreuung durchzusetzen“, so der Experte für Zivilrecht.

 

Was sollten Eltern beachten?

 

Es ist besonders wichtig, dass Eltern frühzeitig bei der Suche nach einem Platz aktiv werden. „Bei einer Wunscheinrichtung können sich Eltern direkt anmelden, zusätzlich sollten sie den Anspruch bei den örtlichen Jugendämtern geltend machen“, erklärt Rechtsanwalt Bigge. Die entsprechenden Kita-Formulare für den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung sind auf den Websites der meisten Jugendämter zu finden. Der Platz sollte allerspätestens drei Monate, besser mindestens sechs Monate, vor dem geplanten Kitabesuch angemeldet werden, um rechtzeitig berücksichtigt werden zu können. „Es ist wichtig, frühzeitig zu handeln, um alternative Möglichkeiten zu prüfen und gegebenenfalls den Betreuungsplatz rechtlich einzufordern“, rat ROLAND-Partneranwalt Bigge. „Erst wenn das Jugendamt keinen freien Platz zur Verfügung stellen konnte, ergeht ein Ablehnungsbescheid, welcher wiederum das Widerspruchs- und Klageverfahren eröffnet.“

 

Kommunen sind verpflichtet, Eltern zumutbare Kinderbetreuungsplätze anzubieten. Die Zumutbarkeit wird von den Verwaltungsgerichten am jeweiligen Fall bestimmt. Als grobe Richtlinie wird aber eine Wegstrecke vom Wohnort zur Einrichtung von nicht mehr als 30 Minuten als zumutbar angenommen. „Wenn trotz rechtzeitiger Anmeldung und eigener Bemühungen kein zumutbarer Betreuungsplatz vom Jugendamt zur Verfügung gestellt werden kann, wird der Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung nicht erfüllt“, hält der ROLAND-Anwalt fest. Achtung: wer einen zumutbaren Kinderbetreuungsplatz ablehnt, verliert seine Schadensersatzansprüche!

 

Kein Betreuungsplatz – welche Möglichkeiten gibt es?

 

Sobald der Ablehnungsbescheid des Jugendamts im Briefkasten angekommen ist, muss in den meisten Bundesländern innerhalb eines Monats Widerspruch eingelegt werden. Ab diesen Zeitpunkt haben Eltern verschiedene Optionen, um ihren Anspruch juristisch geltend zu machen.

 

„Nachdem die Ablehnung durch das Jugendamt vorliegt, besteht die Möglichkeit, den Betreuungsplatz beim zuständigen Verwaltungsgericht einzuklagen. Die Klagen haben Erfolg, wenn freie Plätze zur Verfügung stehen bzw. sich die Kapazität der Kindertagesstätten erweitern lässt“, erklärt Bigge. Auch hier ist es wichtig, möglichst schnell zu handeln, da die Zeit bis zur benötigten Betreuung oft drängt. „In solchen Fällen sollten Eltern unbedingt ein Eilverfahren beantragen, das meist innerhalb weniger Wochen entschieden wird.“

 

„Sollten tatsächlich keine zumutbaren Betreuungsplätzen angeboten werden können, haben die Eltern Ersatzansprüche gegenüber der Kommune“, so Rechtsanwalt Bigge weiter. Es besteht die Möglichkeit, sich nach alternativen Betreuungsmöglichkeiten bei privaten Anbietern umzuschauen. Die Mehrkosten im Vergleich zur öffentlichen Kita können dann gegenüber der Kommune eingeklagt werden.

 

Ebenso kann auch die Erstattung von Verdienstausfällen, die durch die fehlende Kinderbetreuung entstehen, gerichtlich eingefordert werden. Der Schadensersatz wird beim zuständigen Landgericht eingeklagt.

 

„Eltern haben einen gesetzlichen Anspruch auf Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr und sollten diesen – wenn nötig – auch rechtlich durchsetzen. Wenn keine zumutbaren Kitaplätze zur Verfügung gestellt werden, haben Eltern Anspruch auf Schadensersatz“, so das Fazit von ROLAND-Partneranwalt Bigge.

 

Notvertretungsrecht für Ehepaare und Lebenspartnerschaften

 

Neue Regelungen für medizinische Notfälle

 

Ein Unfall, Schlaganfall oder Herzinfarkt – ganz plötzlich kann jemand nicht mehr in der Lage sein, seinen Willen zu äußern. Ohne Vollmacht konnten auch Ehepartner hier bisher nicht einspringen. Seit dem 1. Januar 2023 ist das anders: Welche rechtlichen Regelungen jetzt gelten, worauf Eheleute achten müssen und warum Vollmachten und Co. trotzdem sinnvoll sind, erklärt Michaela Rassat, Juristin der ERGO Rechtsschutz Leistungs-GmbH.

 

 Vertretung bisher nur mit Vollmacht

 

In medizinischen Notfällen, in denen sich der Betroffene selbst nicht mehr äußern kann, durften Ehe- oder Lebenspartner bisher nur mit einer Vorsorgevollmacht Entscheidungen übernehmen. „Ansonsten bekamen Betroffene vom Betreuungsgericht einen Betreuer zur Seite gestellt“, so Michaela Rassat, Juristin der ERGO Rechtsschutz Leistungs-GmbH. Seit Jahresbeginn 2023 hat sich die Rechtslage geändert. „Laut dem neuen § 1358 des Bürgerlichen Gesetzbuches dürfen sich nun verheiratete oder in einer Lebenspartnerschaft lebende Paare in medizinischen Notfällen gegenseitig vertreten – auch ohne Vollmacht“, so die Juristin.

 

Neue Rechte für Ehepaare und Lebenspartnerschaften

 

Das heißt zum Beispiel, dass Ehepartner zu operativen Eingriffen oder vorgeschlagenen Untersuchungen schnell Entscheidungen fällen können. „Darüber hinaus sind sie zum Beispiel auch dazu berechtigt, sich um die Kommunikation mit dem Krankenhaus oder eilige Reha-Maßnahmen zu kümmern“, erläutert Rassat. Allerdings gilt: Finanzielle Angelegenheiten des Patienten sind tabu und auch Verträge darf die vertretende Person nur abschließen, wenn diese für medizinische Behandlungen, Reha-Maßnahmen oder Pflege nötig sind. „Ein Auto im Namen des Ehepartners zu kaufen ist beispielsweise nicht möglich“, so die ERGO Juristin.

 

Nur sechs Monate

 

Das Notvertretungsrecht gilt allerdings nur für sechs Monate – ohne Vollmacht übernimmt anschließend ebenfalls ein gesetzlicher Betreuer. In diesem Zeitraum sind die behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht gegenüber dem Ehepartner entbunden. Das heißt: Ärzte dürfen ihn über alles aufklären, was die Gesundheit des Partners betrifft und müssen ihm Auskunft dazu geben.

 

Wann das Notvertretungsrecht nicht gilt

 

In einigen Ausnahmefällen ist eine gegenseitige Vertretung bei Eheleuten und Lebenspartnern jedoch nicht möglich. „Gibt es beispielsweise eine Vorsorgevollmacht oder ist bereits ein gesetzlicher Betreuer bestellt, greift das Notvertretungsrecht nicht“, erläutert Rassat. Weitere Ausnahmen sind: Getrennt lebende Paare oder wenn die erkrankte Person einer Vertretung durch ihren Partner explizit widersprochen hat. „Ein solcher Widerspruch gegen das Notvertretungsrecht kann im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer hinterlegt werden“, so die Juristin der ERGO Rechtschutz Leistungs-GmbH. Seit 1. Januar 2023 erhalten Ärzte diese Auskunft über ein automatisiertes Abrufverfahren.

 

Schriftliche Bestätigung als Beweis

 

Außerdem wichtig zu wissen: Der Partner muss gegenüber dem behandelnden Arzt schriftlich bestätigen, dass er das Notvertretungsrecht bisher nicht ausgeübt hat und dass keiner der gesetzlichen Ausschlussgründe vorliegt. Auch der Arzt muss eine schriftliche Bestätigung erstellen, dass die erkrankte Person sich nicht mehr selbst um ihre gesundheitlichen Angelegenheiten kümmern kann. Diese Bestätigung kann der Partner dann gegenüber anderen Stellen, etwa einer Reha-Klinik, vorlegen, um sein Notvertretungsrecht zu beweisen“, ergänzt Rassat.

 

Mit Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung bestmöglich abgesichert

 

Trotz Notvertretungsrecht rät die ERGO Juristin, eine Vorsorgevollmacht zu erstellen. Nicht nur, weil das Notvertretungsrecht nur sechs Monate gilt, sondern auch weil eine Vorsorgevollmacht dem Partner erlaubt, beispielsweise auch finanzielle oder versicherungstechnische Angelegenheiten ohne Gesundheitsbezug zu regeln. Eine zusätzliche Patientenverfügung kann dem Partner zudem dabei helfen, die Entscheidungen umzusetzen, die sich der Betroffene wünscht.

 

Vorsorgevollmacht leicht gemacht

 

Die Verbraucherzentralen bieten online eine Schritt-für-Schritt-Anleitung für Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung an.

Nach der Patientenverfügung sind nun auch Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung online leicht erstellbar.

Grundlage sind verlässliche Textbausteine des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz.

 

Schnell und bequem von zu Hause eine ganz persönliche Patientenverfügung erstellen – das geht seit November letzten Jahres mit der Online-Patientenverfügung der Verbraucherzentralen. Auf Wunsch vieler Nutzer:innen dieses Tools gibt es nun im interaktiven Angebot "Selbstbestimmt" zusätzlich auch eine Online-Vorsorgevollmacht und eine Online-Betreuungsverfügung. Dieser neue kostenfreie Service der Verbraucherzentralen erleichtert die Erstellung der wichtigen Dokumente für den Ernstfall. Grundlage sind Formulare, die das Bundesministerium der Justiz entwickelt hat.

 

Mit Hilfe des neuen Online-Services der Verbraucherzentralen können Verbraucher:innen nun Schritt für Schritt mit leicht verständlicher Anleitung eine Vorsorgevollmacht oder eine Betreuungsverfügung zusammenstellen. Erklärtexte und Hinweise helfen dabei, die Tragweite der eigenen Entscheidung zu verstehen. Am Ende erhalten die Nutzer:innen auf sie abgestimmte Vorsorgedokumente. Damit diese gültig sind, müssen sie ausgedruckt und unterschrieben werden.

 

"In unserem Austausch mit  Verbraucher:innen stellen wir immer wieder fest, dass das Interesse an den Vorsorgeverfügungen groß ist. Viele Menschen haben aber Angst, etwas falsch zu machen und bleiben vielfach auf halber Strecke stehen. Wir bauen mit unserem neuen Online-Angebot Hürden ab", sagt Verena Querling, Pflegerechtsexpertin der Verbraucherzentrale NRW. "Der Weg zu einer fertigen Vorsorgevollmacht wird dadurch für viele Menschen leichter."

 

Darum ist die Vorsorgevollmacht so wichtig

 

Eine Vorsorgevollmacht oder eine Betreuungsverfügung sind wichtige Dokumente für den Fall, dass eine Vertrauensperson sich um die wichtigsten Angelegenheiten kümmern soll, wenn man dazu selbst nicht mehr in der Lage ist. Wer hier nicht vorsorgt, riskiert, dass eine fremde Person vom Gericht als Betreuer:in bestellt wird, etwa wenn man sich plötzlich durch Unfall, Krankheit oder Alter nicht mehr selbst äußern kann. Um hier vorzusorgen, gibt es zwei Möglichkeiten:

Mit einer Vorsorgevollmacht lässt sich regeln, wer welche wichtigen Entscheidungen treffen darf, wenn man es selbst nicht mehr kann.

In einer Betreuungsverfügung lässt sich festlegen, welche Person vom Betreuungsgericht als Betreuer:in eingesetzt werden soll. Betreuer:innen werden vom Gericht kontrolliert.

 

Weitere Informationen und Links

 

Schritt-für Schritt-Anleitung und Bausteine unter www.verbraucherzentrale.nrw/selbstbestimmt

 

Vorsorgevollmacht: Alle ab 18 Jahren sollten eine haben

 

Es kann schnell gehen, dass ein Mensch nicht mehr für sich selbst entscheiden kann. Künstliche Ernährung, Beatmung, wie soll es weitergehen im Fall der Fälle? Eine Vorsorgevollmacht hilft, klare Entscheidungen im Sinne des Patienten zu treffen. Hier wird alles geregelt, was auftreten kann, wenn jemand zeitweise oder dauerhaft nicht mehr entscheidungsfähig ist. Was in einer solchen Vollmacht alles geregelt wird, erklärt die Mai-Ausgabe von Finanztest.

 

„In einer Vorsorgevollmacht legt ein Mensch schriftlich fest, wer ihn vertreten und rechtsverbindliche Erklärungen abgeben darf, wenn er oder sie es selbst nicht kann – egal ob temporär oder dauerhaft“, erklärt Finanztest-Redakteurin Simone Weidner. Sie rät, die rechtliche Vorsorge nicht vor sich herzuschieben, sondern sich frühzeitig darum zu kümmern: „Besprechen Sie in gesunden Zeiten mit Angehörigen oder im Freundeskreis wie es weitergehen soll, wenn Sie wegen Krankheit, Unfall oder Alter nicht mehr können.“ Vorsorgevollmacht, aber auch Patientenverfügung und Betreuungsverfügung sind hier die entscheidenden Dokumente. Damit im Ernstfall alles so abläuft, wie der Patient es verfügt hat, sollte man eine solche Erklärung auf jeden Fall aufmerksam ausfüllen, damit an alles gedacht ist. Finanztest gibt in einem großen Übersichtsartikel verlässliche Unterstützung. Wie findet man eine Vertrauensperson? Wie werden die Aufgaben festgelegt? Braucht man auch eine Bankvollmacht? Was gilt für Ehepaare? Und wie sehen Betreuungs- und Patientenverfügung eigentlich aus? Schließlich liefert das Magazin noch Tipps zum Überwinden von Hindernissen, die aus Erfahrung oft auftreten.

 

Fallbeispiele aus dem wirklichen Leben helfen, die möglichen Situationen und Beweggründe fürs Kümmern zu verstehen. „Wir wollen es den Menschen einfach machen, damit schwierige Dinge nicht zu einer Katastrophe werden“, so Simone Weidner. Und wenn jemand gar nichts regelt? „Dann regen Ärzte beim Gericht eine Betreuung an, dort wird dann bestimmt, wer für einen kranken Menschen als gesetzlicher Betreuer die anstehenden Entscheidungen fällt. Das können Angehörige sein oder auch hauptberufliche Betreuer.“

 

Mein Wille zählt: Für den Ernstfall vorsorgen

 

Ob durch einen Unfall, eine Krankheit oder altersbedingt: Viele Menschen haben Angst davor, auf die Unterstützung anderer angewiesen zu sein. Umso wichtiger sind klare Regelungen für den Ernstfall. Das Infocenter der R+V Versicherung rät, frühzeitig und juristisch wasserdichte Vorsorgeregeln zu erstellen.

 

Mehr als 40 Prozent der Deutschen befürchten, im Alter zum Pflegefall zu werden. Das zeigt die R+V-Langzeitstudie "Die Ängste der Deutschen". Bei den über 60-Jährigen ist diese Sorge besonders ausgeprägt. "Doch ein Unfall oder eine Krankheit kann auch jüngere Menschen treffen. Für sie sind Vollmachten oder Verfügungen deshalb genauso wichtig", sagt Michael Pühler, Rechtsexperte bei der R+V Versicherung. Betroffene sollten ihre Wünsche schriftlich festhalten, etwa zur Pflege, zur Betreuung oder zu den Finanzen.

 

Gibt es keine Vollmachten oder Verfügungen, kann ein Gericht eine fremde Betreuerin oder einen Betreuer bestimmen. Was viele nicht wissen: "Weder Ehepartner noch Kinder können automatisch Entscheidungen übernehmen. Sie müssen dazu bevollmächtigt sein", erklärt R+V-Experte Pühler.

 

Mit einem Testament kann jeder seinen Nachlass regeln - ganz gleich, was zu vererben ist. Wichtig ist, das Testament vollständig selbst mit der Hand zu schreiben und am Ende mit Vor- und Nachnamen zu unterzeichnen. Liegt der letzte Wille nicht schriftlich vor, gilt die gesetzliche Erbfolge.

 

Eine Patientenverfügung legt fest, welchen medizinischen Behandlungen oder ärztlichen Eingriffen zugestimmt wird und welchen nicht. "Sie kommt beispielsweise zum Tragen, wenn der oder die Betroffene nicht mehr ansprechbar ist", erklärt Pühler. Ist die Patientenverfügung ungenau formuliert oder liegt keine vor, entscheidet ein Betreuer mit dem Arzt oder der Ärztin über die weiteren Behandlungen.

 

Wenn jemand nicht mehr selbst entscheiden kann, muss ein anderer das übernehmen. "Mit einer Vorsorgevollmacht legt man fest, wer die eigenen Interessen vertritt - und was er entscheidet", so Pühler. Dazu gehören viele Dinge des täglichen Lebens: etwa Mietzahlungen, Behördengänge, Bankgeschäfte, Vertretung vor Gericht und alle Aspekte rund um die Pflegebedürftigkeit. Die Vorsorgevollmacht kann auch auf mehrere Personen verteilt werden.

 

Mit der Betreuungsverfügung kann jeder im Voraus entscheiden, wen das Gericht als rechtlichen Betreuer einsetzen soll - und wen nicht. "Hier wählen viele einen vertrauten Menschen", sagt Pühler. Die Verfügung kann auch konkrete Wünsche enthalten, etwa die Pflege daheim. "Die betreuende Person kümmert sich jedoch nur um die rechtliche Umsetzung, setzt sie aber nicht selbst um." Wer eine detaillierte Vorsorgevollmacht hat, kann in der Regel auf eine Betreuungsverfügung verzichten.

Mit einer Sorgerechtsverfügung können Eltern festhalten, wer nach ihrem Tod die minderjährigen Kinder betreuen soll. Das können auch zwei Personen sein, die sich die Aufgabe teilen. Erkranken Eltern schwer und können sich nicht mehr um ihre Kinder kümmern, lässt sich das Sorgerecht übertragen. Dafür gibt es die Sorgerechtsvollmacht. Wenn die Eltern nicht vorsorgen, entscheidet ein Gericht mit dem Jugendamt über den Vormund.

 

Eine Vollmacht oder Verfügung sollte so konkret wie möglich verfasst sein. "So wissen Ärzte, Betreuer, Erben, Gerichte genau, wie sie im Sinne des Betroffenen handeln sollen", erklärt Michael Pühler. Wer beim Verfassen auf Nummer Sicher gehen möchte: Bei vielen Krankenkassen, Versicherungen oder Behörden gibt es Vordrucke zum Ausfüllen. Bei rechtlichen Aspekten ist notarielle Beratung hilfreich, in allen medizinischen Fragen ärztlicher Rat.

 

Betrug: BaFin warnt vor gefälschten Zahlungsaufforderungen

 

Aktuell haben Bürgerinnen und Bürger per E-Mail vermeintliche Zahlungsaufforderungen im Namen der BaFin erhalten. Darin werden sie zu Überweisungen aufgefordert, um Geld zurückzuerhalten, das in nicht-lizenzierte Online-Handelsplattformen investiert sei. Zudem wird ein angeblicher Sicherheitsvertrag der BaFin mitgeschickt, bei dem es sich um eine Fälschung handelt.

 

Zur Kontaktaufnahme verwenden die unbekannten Personen die E-Mail-Signatur „BAFIN Team“ und geben zur weiteren Korrespondenz den Namen des vermeintlichen Mitarbeiters Dr. Gottlob Berger an. Bei der BaFin ist keine Person mit dem genannten Namen beschäftigt.

 

Die Aufsicht empfiehlt allen Verbraucherinnen und Verbrauchern, die ein derartiges Hilfsangebot erhalten, sich keinesfalls darauf einzulassen und Anzeige bei der Polizei oder Staatsanwaltschaft zu erstatten. Wer Zweifel hat, kann sich auch an die BaFin selbst wenden. Das Verbrauchertelefon ist kostenfrei unter der Telefonnummer 0800 2 100 500 zu erreichen.

 

Die BaFin wendet sich nicht von sich aus an einzelne Personen. Verbraucher sollten generell äußerst wachsam sein, wenn Dritte unter dem Namen der BaFin agieren.

 

Miese Masche: Betrug an Senioren

 

Seit Beginn der Corona-Krise werden immer mehr ältere Menschen Opfer von Trickbetrügern. Die Kriminellen nutzen Isolation und Ängste der Menschen aus und münzen bekannte Betrugsstrategien auf die Pandemie um. Wer ihre Maschen kennt, kann sich besser schützen.

 

 „Bleiben Sie zu Hause“: Die Deutschen haben wohl noch nie so viel Zeit zu Hause verbracht wie während der Corona-Krise. Schlechte Zeiten für Einbrecher und Taschendiebe. Aber offenbar beste Bedingungen für Betrüger, die ältere Menschen im Visier haben: Allein in NRW stieg die Zahl der auf Senioren zielenden Betrugsdelikte – wie Enkeltrick oder falsche Amtsträger – im Vergleich von 2019 zu 2020 um knapp 38 Prozent, zitiert das Landeskriminalamt NRW die Polizeiliche Kriminalstatistik. Zwar sei das Risikobewusstsein der über 65-Jährigen im öffentlichen Raum hoch – beispielsweise führen ältere Personen weniger Bargeld bei sich. Aber: „In ihren vermeintlich sicheren vier Wänden erkennen Seniorinnen und Senioren das kriminelle Vorgehen von Täterinnen und Tätern oft nicht oder sind in spontanen Tatsituationen derart überrascht, dass sie das vorhandene Wissen hierüber nicht abrufen können“, berichtet Kriminalhauptkommissar Udo Rechenbach.

 

Falscher Enkel hat Corona

 

Das Überraschungsmoment, gepaart mit emotionalem Druck, nutzen die Kriminellen beispielsweise beim Enkeltrick. Bei dieser perfiden Masche ruft der Betrüger sein potenzielles Opfer an und gibt sich als naher Verwandter aus, der in eine Notsituation geraten ist und finanzielle Hilfe benötigt. Aktueller Aufhänger: Ein Angehöriger habe sich mit Covid-19 infiziert, liege im Krankenhaus und benötige dringend Geld, um die ärztliche Behandlung zu bezahlen. Willigt das Opfer ein, holt ein Bote das Geld ab oder begleitet das Opfer sogar zur Bank, um Ersparnisse vom Konto abzuheben. Der Schaden bei dieser Betrugsmasche kann außerordentlich groß sein: „Fällt das Opfer auf den Trick herein, ist oftmals das über Jahrzehnte angesparte Vermögen auf einen Schlag weg“, warnt Anja Maultzsch, Expertin für Seniorenfragen bei der Postbank. Gerade während der Pandemie waren Senioren anfällig für Straftaten dieser Art, weil sie oft allein zu Hause waren.

 

Vorsicht: manipulierte Rufnummer

 

Auf demselben Prinzip wie der Enkeltrick basiert die Masche „Falsche Amtsträger“: Dabei ruft ein vermeintlicher Polizeibeamter oder Mitarbeiter des Gesundheitsamtes das potenzielle Opfer mit einer manipulierten Nummer an, sodass 110 oder eine andere bekannte Nummer im Display erscheint. Der Anrufende behauptet, der Wohnort des Betroffenen sei unter Quarantäne gestellt worden und müsse untersucht oder desinfiziert werden. Auf diese Weise verschaffen sich die Kriminellen Zugang zur Wohnung des Opfers, wo sie es auf Bargeld und Wertgegenstände abgesehen haben. „Es ist wichtig, nicht nur die älteren Menschen selbst, sondern auch ihr soziales Umfeld für diese Form des Betrugs zu sensibilisieren und mit den neuesten Erkenntnissen über die Vorgehensweise der Täter vertraut zu machen,“ sagt die Postbank Expertin. „Wissen ist der beste Schutz, um derartige Straftaten zu verhindern.“

 

Vorsicht vor falschen Verbraucherschützern

 

Dubiose Geschäftemacher geben sich derzeit als Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter der Verbraucherzentrale Hamburg aus, um Verbraucherinnen und Verbraucher am Telefon zu täuschen. Die Hamburger Verbraucherschützer haben mehrere Hinweise von Betroffenen erhalten. „Die Betrüger verwenden den Namen der Verbraucherzentrale, um das Vertrauen der Angerufenen zu gewinnen und ihnen dann das Geld aus der Tasche zu ziehen“, warnt Julia Rehberg von der Verbraucherzentrale Hamburg. Die Maschen der unseriösen Trittbrettfahrer sind vielfältig.

 

Falsche Umfrage zur Pflegebedürftigkeit

 

Ein Verbraucher berichtete von einem Anrufer, der sich als Mitarbeiter der Verbraucherzentrale Hamburg vorstellte und vorgab, eine Umfrage zur Pflegebedürftigkeit durchzuführen. Der Verbraucher teilte dem Anrufer einige Auskünfte mit, wurde aber misstrauisch, als der vermeintliche Verbraucherschützer ihm plötzlich ein „unverbindliches Angebot“ unterbreitete. „Wir kontaktieren niemanden, um Beratungen oder andere Dienstleistungen zu bewerben oder anzubieten“, erklärt Rehberg. Sie rät dazu, sich nicht auf am Telefon oder per E-Mail unterbreitete Angebote einzulassen. „Meist bleibt die versprochene Leistung aus, das gezahlte Geld ist verloren und die persönlichen Daten sind in den falschen Händen.“

 

Angebliche Gewinnspiele

 

Das Abfischen von Daten ist auch das Ziel einer weiteren Masche, von der eine Verbraucherin berichtete. Diese erhielt mehrere Anrufe, in denen sich ihr Gesprächspartner als Mitarbeiter der Verbraucherzentrale Hamburg vorstellte und die Betroffene aufforderte, eine Zahl zwischen eins und zehn zu nennen. Mit der richtigen Zahl könne sie das Überraschungspaket einer Verlosung gewinnen, an der sie laut des angeblichen Verbraucherschützers zuvor teilgenommen habe. Die Verbraucherin beendete das Gespräch und informierte die Verbraucherzentrale Hamburg. „Die persönlichen Daten oder sogar eine Kontoverbindung sollen oft angegeben werden, um den versprochenen Gewinn zu erhalten. Doch diese Informationen sollte man keinesfalls preisgeben“, so Rehberg. „Soll vorab sogar noch ein Geldbetrag an einen unbekannten Empfänger überwiesen werden, sollte man sofort auflegen.“

 

Zwangsvollstreckung über 9.800 Euro

 

Ein dritter Verbraucher berichtete von einem Anrufer, der sich als „Herr Kahn“ von der Verbraucherzentrale Hamburg vorstellte und den Betroffenen darüber informierte, dass gegen ihn eine Zwangsvollstreckung in Höhe von 9.800 Euro vorliegen würde. Diese hätte der Anbieter eines Gewinnspiels gegen ihn erwirkt. Der Betrüger teilte dem Verbraucher die Telefonnummer eines Rechtsanwalts mit, der angeblich kostenlos helfen könne, die Zwangsvollstreckung zu stoppen. Statt den empfohlenen Rechtsanwalt zu kontaktieren, wendete sich der Verbraucher an die Verbraucherzentrale Hamburg. Diese teilte ihm mit, dass weder der angebliche Mitarbeiter noch die Nummer, über die der Betrüger den Verbraucher kontaktiert hatte, bekannt sei.

 

„Wer auf einen betrügerischen Anruf reingefallen ist, sollte auf jeden Fall Strafanzeige erstatten. Das ist auch online möglich. Notieren Sie sich zudem die Nummer und informieren Sie die Bundesnetzagentur“, rät Rehberg.

 

Vorsorgevollmacht? Nur in die richtigen Hände!

 

Ältere Menschen werden häufiger Opfer von Trickbetrug und Täuschungen als junge. Erschleichen sich Betrüger Vollmachten, ist schnell das gesamte Vermögen in Gefahr. Vollmachtgeber sollten gut überlegen, wem sie vertrauen.

 

Vollmachten können in den falschen Händen großen Schaden anrichten

 

Kriminelle nehmen ganz gezielt ältere Menschen ins Visier, weil sie bei ihnen leichte Beute vermuten. Zwar tauchen Senioren – im Verhältnis zu ihrem hohen Anteil an der Gesamtbevölkerung – selten in Polizeistatistiken auf, trotzdem werden sie vergleichsweise häufig Opfer ganz bestimmter Straftaten. Besonders beliebt bei den Tätern ist die finanzielle Ausbeutung Älterer durch Trickbetrug oder Täuschung. „Die Täter nutzen ganz gezielt körperliche und kognitive Schwächen und auch emotionale Tiefs älterer Menschen aus“, erklärt Anja Maultzsch von der Postbank. Während hinter windigen Haustürgeschäften, der Abzocke durch falsche Polizisten oder dem Enkeltrick oft organisierte Banden stecken, geht die Gefahr eines besonders perfiden Betrugs meist von Personen aus dem näheren Umfeld der Opfer aus. Das Muster ist immer gleich: Hinter verschlossenen Türen erschleichen sich Nachbarn, neue „Freunde“, Haushaltshilfen oder Pflegepersonal das Vertrauen älterer Menschen. Gleichzeitig säen sie Misstrauen gegenüber den vertrauten Menschen im Umfeld des Seniors. Ihr Ziel: Ersparnisse, Wertgegenstände und manchmal sogar das gesamte Vermögen der alten Menschen. Zu diesem Zweck isolieren sie ihre Opfer und bringen sie dazu, ihnen Vollmachten auszustellen.

 

Gefahr nicht unterschätzen

 

„Vollmachten sind eigentlich sinnvolle Instrumente, mit denen man Vertrauenspersonen dazu ermächtigen kann, wichtige Angelegenheiten zu regeln, wenn man dazu selbst nicht in der Lage ist“, sagt Anja Maultzsch. „Werden sie jedoch von einem Betrüger missbraucht, bergen sie große Risiken.“ So erlaubt eine Kontovollmacht den Zugriff auf ein bestimmtes Konto, eine Bankvollmacht schon auf sämtliche Giro-, Spar- und Depotkonten bei einem Kreditinstitut. Noch weitreichendere Befugnisse erteilen eine General- und eine Vorsorgevollmacht. Letztere umfasst sogar Entscheidungen über das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Wurde sie notariell beglaubigt, darf der Vollmachtnehmer zum Beispiel auch die Wohnung des Kranken auflösen und sogar seine Immobilien verkaufen. „Die Gefahr des Betrugs ist besonders groß, wenn das Opfer kognitiv eingeschränkt ist, zum Beispiel durch eine Demenzerkrankung“, warnt Anja Maultzsch. Im Besitz der entsprechenden Vollmachten kann ein Betrüger frei schalten und walten und sich am Vermögen des Vollmachtgebers bedienen. Angehörige müssen dann meist hilflos zusehen, da eine Vollmacht erst angefochten werden kann, wenn dem Vollmachtgeber von einem Facharzt Geschäftsunfähigkeit attestiert wurde. Die Postbank Expertin rät, nur Personen zu bevollmächtigen, denen man uneingeschränkt und schon lange vertraut: „Beim Verdacht auf Missbrauch sollten Betroffene ihre Vollmacht widerrufen und sich unverzüglich an die Polizei wenden.“

 

Ehe ohne Ehevertrag ist die Lösung für Angsthasen

 

Solange es läuft, ist alles gut - aber wenn es knallt, dann richtig! Diese Aussage gilt in vielen Dingen des Lebens, und so auch für die Ehe. Wenn eine Ehe scheitert, beginnt zwischen den Ehegatten mitunter ein unschöner Rosenkrieg. Wohl dem, der mit einem Ehevertrag vorgesorgt und einvernehmlich die Trennungs- und Scheidungsfolgen geregelt hat.

 

In Deutschland wird fleißig geheiratet, aber auch wieder geschieden: Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden im Jahr 2018 insgesamt 148.066 Ehen geschieden. Setzt man diese Zahl ins Verhältnis zu den Eheschließungen, geht durchschnittlich jede dritte Ehe in die Brüche. Wenn die Scheidung ansteht, sind Streitigkeiten vorprogrammiert und es wird teuer und kompliziert, oder?

 

Eine Scheidung ist nie einfach...

 

Eine Scheidung stellt das Leben der Betroffenen häufig völlig auf den Kopf: Sie müssen nicht nur ihren Alltag in neue Bahnen lenken, sondern auch die rechtlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Ehezeit klären. "Im Rahmen einer Scheidung sind viele Einzelthemen zu regeln und die Noch-Eheleute müssen sich mit Begriffen wie Zugewinnausgleich, Versorgungsausgleich und Unterhaltsansprüchen beschäftigen" erläutert Notar Michael Uerlings, Pressesprecher der Rheinischen Notarkammer. Und das fällt den Betroffenen in einer Situation, in der ihre Gefühle verletzt worden sind und die Enttäuschung über das Scheitern der Partnerschaft groß ist, häufig nicht leicht.

 

...aber mit einem Ehevertrag zumindest etwas leichter

 

Mit einem Ehevertrag schaffen sich die Eheleute Regeln für den Ernstfall. "Gerade Frischverliebte sprechen ungerne über einen Ehevertrag, dabei kann die Diskussion über seinen Inhalt Charaktertest und erste Bestandsprobe für die Ehe sein" betont Notar Uerlings. "In bestimmten Konstellationen, wenn etwa ein Ehegatte über ein großes Vermögen verfügt oder Beamter oder Unternehmer ist, ist ein Ehevertrag fast schon zwingend, wenn man Enttäuschungen bei der Scheidung vermeiden will." Ein Ehevertrag kann jederzeit geschlossen werden, sei es vor der Eheschließung oder während der Ehe oder auch, wenn sich die Ehegatten von der Vorstellung, gemeinsam alt zu werden, schon verabschiedet haben.

 

Für den Ehevertrag zum Notar gehen

 

So bunt, wie das Leben ist, so individuell ist auch ein Ehevertrag. Und damit er wirksam ist, muss ein Ehevertrag vom Notar beurkundet werden. Vor der Beurkundung spricht der Notar die Möglichkeiten und die rechtlichen Folgen eines Ehevertrages umfassend mit den Eheleuten durch und erstellt anschließend gemeinsam mit ihnen die rechtswirksame Urkunde, um auch für den Fall einer Scheidung beruhigt in die Zukunft blicken zu können.

 

Elternunterhalt: Rückforderung eines Geschenks

 

Kinder sind verpflichtet, ihren Eltern Unterhalt zu zahlen, wenn diese bedürftig sind. Oftmals wendet sich der Sozialhilfeträger an die Kinder, um Leistungen erstattet zu bekommen. Immobilien, die die unterhaltspflichtigen Kinder selbst verschenkt haben, müssen sie aber nicht zurückfordern, sofern sich ihre Leistungsfähigkeit dadurch nicht erhöht. Darauf verweist die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht im Deutschen Anwaltverein.

 

Schenkt beispielsweise ein Elternteil sein Haus den Kindern und behält sich ein Nießbrauchrecht vor, muss er die Immobilie nicht unbedingt zurückfordern, wenn er Elternunterhalt zahlen muss. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 20. Februar 2019 (AZ: XII ZB 364/18).

 

Familienrecht: Rückforderungsanspruch beim Elternunterhalt

 

Wer eine Immobilie unentgeltlich verschenkt, kann diese zurückfordern, wenn er selbst in Not gerät. Das gilt aber auch in Fällen, in denen eine gesetzliche Unterhaltspflicht erfüllt werden muss. In dem Fall, dass der ursprüngliche Eigentümer sich ein Nießbrauchrecht vorbehalten hat, besteht die Möglichkeit, Erträge wie etwa Miete aus der Immobilie zu erzielen. Er muss deswegen aber keinen höheren Unterhalt zahlen.

 

Der Sozialhilfeträger kümmerte sich um die bedürftige Mutter des Sohns. Sie erhielt Sozialhilfe. Diese forderte der Träger vom Sohn im Rahmen des Elternunterhalts teilweise zurück. Der Mann ist verheiratet und bezieht Rente. Mit seiner Frau wohnt er in einer 90 Quadratmeter großen Eigentumswohnung. Diese hat er seiner Tochter übertragen und sich selbst ein lebenslanges Nießbrauchrechte vorbehalten. Das bedeutet, er kann selber Erträge aus der Wohnung ziehen. Der Sozialhilfeträger war der Meinung, der Sohn müsse die Schenkung von seiner Tochter zurückfordern, um seine Leistungsfähigkeit zu erhöhen.

 

BGH: Rückforderung der Schenkung nur bei eigener Not? Das Gericht sah dies anders. Der Erstattungsanspruch des Sozialhilfeträgers für die Zahlungen an die Mutter berechnet sich aus den Einkommensverhältnissen des Sohns einschließlich des Wohnvorteils. Die Rückforderung der Wohnung von der Tochter würde daher nicht die Leistungsfähigkeit des Sohns erhöhen. Deshalb müsse er das auch nicht tun, so das höchste deutsche Zivilgericht. Der Mann könne nicht verpflichtet werden, die Wohnung von seiner Tochter zurückzuverlangen.

 

Bundesgerichtshof am 20. Februar 2019 (AZ: XII ZB 364/18)

 

Zu Unrecht erhaltenes Geld ist zurückzuzahlen

 

Wer auf seinem Konto Geld vorfindet, auf das er keinen Anspruch hat, muss es zurückzahlen. Dies hat laut Michaela Rassat, Juristin der ERGO Rechtsschutz Leistungs-GmbH, das Amtsgericht München entschieden.

 

Worum ging es bei Gericht?

 

Ein Anrufer hatte sich bei einem 77-jährigen Rentner als Mitarbeiter einer Servicefirma von Microsoft ausgegeben und ihm weisgemacht, dass sein Computer durch Trojaner infiziert sei, die sich per Fernzugriff beseitigen ließen. Nachdem dies angeblich geschehen war, hatte der Anrufer ihm auch einen Internetschutz mit verschiedenen Laufzeiten angeboten. Der Rentner entschied sich für das Angebot mit der kürzesten Laufzeit. Dafür musste er 25 Euro überweisen. Nach Anweisung des Anrufers führte er verschiedene Schritte auf seinem PC aus. Am Ende stellte er fest, dass von seinem Konto nicht 25, sondern 4.000 Euro verschwunden waren. Das Geld kam auf dem Konto eines 82-Jährigen an, der sich weigerte, es zurückzugeben. Seine Begründung: Er sei selbst mit den angeblichen Microsoft-Mitarbeitern in Kontakt gewesen, die ihm 359,90 Euro abgenommen hätten. Ihm sei auch ein erheblicher Schaden durch das Ausspähen seiner Daten entstanden. Bei einem erneuten Anruf der Betrüger habe er ihnen mit der Polizei gedroht, woraufhin ihm diese eine Entschädigung angeboten hätten – in Höhe von 4.000 Euro.

 

Das Urteil

 

Das Münchner Amtsgericht verurteilte den 82-Jährigen dazu, das Geld zurückzuzahlen: Der 77-Jährige habe nur 25 Euro als Kaufpreis für einen Internetschutz überweisen wollen. Der 82-Jährige habe ihm diesen aber nicht verkauft und er habe auch sonst keinen Anspruch auf die 4.000 Euro. Was der 82-Jährige mit Dritten besprochen habe, die ebenfalls keinen Anspruch auf diesen Betrag hätten, sei nicht von Belang. „Hier zählte für das Gericht nur die Beziehung zwischen dem Absender und dem Empfänger des Geldes“, erklärt Michaela Rassat. Und da der Empfänger gegenüber dem Absender keinen Anspruch auf die Zahlung hatte, musste er das Geld zurückgeben – und blieb auf dem eigenen Schaden sitzen.

 

Was bedeutet das für Mieter?

 

Derzeit ist ein deutlicher Anstieg von Betrugsdelikten gegen Rentner und auch allgemein von Internetbetrügereien zu beobachten. Die Firma Microsoft ruft niemanden zu Hause an, um dessen PC zu warten. Auch Aufforderungen beim Surfen im Internet, einen angeblichen Support von Microsoft anzurufen, sind gefälscht. „Wer Fremden anhand von deren Anweisungen einen Fernzugriff auf den eigenen PC einräumt, hilft sehr wahrscheinlich bei der Installation von Programmen, die Bank- oder Kreditkartendaten ausspähen. Oder die Täter installieren Programme, die den Computer sperren, um dann Geld für dessen Freigabe zu fordern. Internetnutzer sollten sich daher nicht auf dubiose Wartungsangebote einlassen – auch wenn sie überzeugend klingen“, warnt die ERGO Rechtsexpertin.

Amtsgericht München, Urteil vom 16. Januar 2019, Az. 122 C 19127/18

 

Cookie-Urteil stärkt digitale Privatsphäre

 

EuGH-Urteil: Voreingestellte Einverständniserklärung zu Cookies mit EU-Recht nicht vereinbar

 

Einsatz von Tracking-Cookies nur mit aktiver und gesonderter Einwilligung der Betroffenen.

Widerspruchslösung reicht nicht aus.

Bundesregierung muss sich für eine zügige Verabschiedung der ePrivacy-Verordnung und ein hohes Schutzniveau einsetzen.

 

Möchte ein Unternehmen auf einer Webseite Cookies zur plattformübergreifenden Auswertung des Surf- und Nutzungsverhaltens seiner Kundinnen und Kunden einsetzen, geht dies nicht ohne vorherige informierte Einwilligung der Betroffenen. Eine bereits vorangekreuzte Einverständniserklärung genügt dafür nicht. Das hat heute der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Verfahren des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) gegen den Gewinnspielveranstalter Planet49 entschieden. Das Urteil hat wegen der großen Verbreitung von Werbecookies auf Onlineseiten grundsätzliche Bedeutung.

 

„Das Urteil ist ein wichtiges Zeichen für den Schutz der digitalen Privatsphäre. Tracking-Cookies ermöglichen Webseitenbetreibern und Drittanbietern eine umfassende Auswertung des Surf- und Nutzungsverhaltens von Kunden“, sagt Heiko Dünkel, Rechtsreferent beim vzbv. „Dass ein bereits vorangekreuztes Informationsfeld für den rechtskonformen Einsatz nicht ausreicht, ist eine gute Nachricht für Verbraucher.“

 

Einsatz von Werbe-Cookies war voreingestellt

 

Auslöser des Urteils war ein Gewinnspiel des Werbedienstleisters Planet49 vom September 2013, gegen das der vzbv geklagt hatte. Verbraucher sollten den Einsatz von Cookies mit einem vorangekreuzten Auswahlkästchen (opt-out) bestätigen. Der vzbv sah darin einen Verstoß gegen geltendes Datenschutzrecht sowie die europäische e-Privacy/ Cookie-Richtlinie. Nach gegensätzlichen Entscheidungen in der ersten und zweiten Instanz hatte der BGH die Revision im Oktober 2017 ausgesetzt und ein Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH eingeleitet.

 

Gerichtshof verlangt aktive Entscheidung der Nutzer

 

Der EuGH urteilte nun, dass eine voreingestellte Zustimmung zu Trackingcookies gegen die bisherige ePrivacy/ Cookie-Richtlinie, die frühere Datenschutzrichtlinie und die neue Datenschutzgrundverordnung verstößt. Eine Einwilligung in das Setzen von Trackingcookies könne durch ein vorangekreuztes Auswahlkästchen nicht wirksam erfolgen. Gleiches gelte für die Betätigung der Schaltfläche zur Teilnahme am Gewinnspiel. Es mache insoweit keinen Unterschied, ob es sich bei den im Gerät des Nutzers gespeicherten oder abgerufenen Informationen um personenbezogene Daten handelt oder nicht. Der EuGH stellt außerdem klar, dass der Diensteanbieter gegenüber dem Nutzer Angaben zur Funktionsdauer der Cookies und zur Zugriffsmöglichkeit Dritter machen muss.

 

E-Privacy-Verordnung zügig umsetzen

 

„Verbraucher haben ein Recht auf Privatsphäre. Auch im Internet. Umso drängender ist nun die Durchsetzung der Datenschutzgrundverordnung und die zügige Annahme einer datenschutzfreundlichen ePrivacy-Verordnung, die derzeit in Brüssel verhandelt wird“, sagt Lina Ehrig, Teamleiterin Digitales beim vzbv. Praktiken wie vorgeklickte Kästchen, Zugangssperren für Nutzer, die Cookies nicht zustimmen („Tracking Walls“) und die Vermutung, dass ein Benutzer eine Einwilligung durch einfaches Surfen auf einer Website erteilt, müssen beendet werden, fordert der vzbv.

 

Eine Weiterverarbeitung für elektronischen Kommunikationsdaten für „kompatible Zwecke“ sei in diesem besonders sensiblen Bereich nicht akzeptabel und auch nicht mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vereinbar. „Jetzt ist die Bundesregierung gefragt, ihre Haltung gegenüber den anderen Mitgliedsstaaten im EU-Rat auch zu verteidigen und durchzusetzen“, so Lina Ehrig.

 

Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 01.10.2019, Rechtssache C-673/17

 

Eigenbedarfskündigungen: Wenn Mieter weichen müssen

 

Die Möglichkeit, gegebenenfalls in seine eigene, bislang vermietete Immobilie einziehen zu können, hat der Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehen. Dazu gibt es das Instrument der Eigenbedarfskündigung. Voraussetzung ist die Tatsache, dass der Eigentümer selbst, ein naher Verwandter oder Haushaltsangehöriger den Wohnraum benötigt und dies im Kündigungsschreiben auch klar benannt wird.

 

In der Praxis gibt es wegen der Eigenbedarfskündigung immer wieder rechtlichen Ärger. Mieter bestreiten zum Beispiel häufig, dass überhaupt ein echtes Interesse an Eigennutzung vorliegt. Sie vermuten, diese Art der Kündigung sei nur vorgeschoben, um die Immobilie besser weiterverwerten zu können. Der Infodienst Recht und Steuern der LBS hat Urteile deutscher Gerichte zu diesem Thema gesammelt.

 

Ein sehr hohes Lebensalter kann Mieter vor der Eigenbedarfskündigung schützen. So scheiterte ein Eigentümer in Berlin mit seinem Ansinnen, ein 87 und 84 Jahre altes Paar aus seiner Wohnung zu entfernen. Die Betroffenen verwiesen darauf, das sei ihnen wegen ihres Gesundheitszustandes, ihres hohen Alters und ihrer sozialen Verwurzelung in der Gegend nicht zuzumuten. Das Landgericht Berlin (Aktenzeichen 67 S 345/18) akzeptierte diese Härtegründe. Wenn der Vermieter nicht seinerseits besonders gewichtige Nachteile erleide, falls er das Objekt nicht beziehen könne, dann müsse er verzichten. Hier sei das nicht der Fall gewesen, er habe schließlich nicht einmal eine ganzjährige Nutzung beabsichtigt.

 

Ein Eigentümer sollte sich zum Zeitpunkt der Vermietung gründlich überlegen, ob in absehbarer Zeit bei ihm vielleicht eine Selbstnutzung in Frage kommen könnte. Eine Eigenbedarfskündigung kann nämlich rechtsunwirksam sein, wenn sie allzu rasch auf den Vertragsabschluss folgt und sich der Anlass damals bereits abzeichnete. Der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen VIII ZR 233/12) musste prüfen, ob das nach drei Jahren noch gegeben sein könnte. Das verneinten die Richter zwar, stellten damit aber auch klar, dass der problematische Zeitraum bei weniger als drei Jahren liegt.

 

Eine Eigenbedarfskündigung ist dann nicht gerechtfertigt, wenn der Eigentümer zwar eine berechtigte Person vorweisen kann, diese aber offensichtlich nur als Platzhalter vorgeschoben wird. In einem Fall vor dem Bundesgerichtshof (Aktenzeichen VIII ZR 214/15) ging es um eine solche Konstellation. Die Mieter warfen dem Eigentümer vor, Verkaufsabsichten gehegt und seinen Neffen nur deswegen die Wohnung überlassen zu haben, um das Objekt später leichter verkaufen zu können. Der BGH konnte diese Argumente nachvollziehen.

 

Ein Profifußballer, der im Ausland arbeitete, hatte den Wunsch, in seiner Freizeit (vor allem während der mehrmonatigen Winterpause) mit seiner Familie in einer ihm gehörenden Eigentumswohnung zu leben und sprach deswegen der Mieterin die Eigenbedarfskündigung aus. Diese hielt das Ansinnen für vorgeschoben und räumte die Wohnung nicht. Das Amtsgericht München (Aktenzeichen 473 C 7411/714) vernahm die Ehefrau (Mutter eines kurz zuvor geborenen gemeinsamen Kindes) und kam zu der Überzeugung, dass hier tatsächlich eine nachvollziehbare Nutzungsabsicht vorliege.

 

Eine ungewöhnliche Form des Eigenbedarfs liegt vor, wenn eine Trennung von Ehepartnern der Anlass dafür ist. Ein Mann - verheiratet, zwei Kinder - kündigte seinen Mietern mit der Begründung, er wolle wegen andauernder Beziehungsprobleme nunmehr seine eigene Wohnung beziehen. Das konnte er vor dem Landgericht Heidelberg (Aktenzeichen 5 S 42/12) mit einer Aussage der Noch-Ehefrau belegen. Diese bestätigte, das Zusammenleben sei "kaum mehr auszuhalten". Zudem akzeptierte das Gericht das Argument des Eigentümers, dass ihm die vermietete Wohnung monatlich nur knapp 400 Miete einbringe, er selbst aber vergleichbaren Wohnraum nur für deutlich mehr Geld erhalten könne.

 

Es ist durchaus möglich, dass ein Vermieter gegenüber dem Mieter von vorneherein darauf verzichtet, Eigenbedarf geltend zu machen. Dann sollte allerdings dieser Verzicht, wie der Mietvertrag selbst, unmissverständlich schriftlich niedergelegt sein. In jedem Falle, so beschied der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen VIII ZR 223/06), sei das bei einem Ausschluss des Kündigungsrechts für einen längeren Zeitraum als ein Jahr erforderlich.

 

Wenn der Eigentümer über eine weitere, im selben Haus oder derselben Anlage liegende Wohnung verfügt, die gerade leer steht, dann muss er diese dem wegen Eigenbedarfs gekündigten Mieter anbieten. Grundsätzlich bestehe eine solche "Anbietpflicht", entschied der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen VIII ZR 311/02). Das gelte zumindest dann, wenn bis zum Ende der regulären Kündigungsfrist eine solche Wohnung frei werde. Genau das hatte der Eigentümer nicht getan und das Objekt stattdessen an eine andere Person vermietet. Das führte zur Unwirksamkeit der Eigenbedarfskündigung.

 

Der Schwager (die Schwägerin) des Eigentümers zählt nicht im eigentlichen Sinne zu der Gruppe von Angehörigen, die eine Eigenbedarfskündigung rechtfertigen. Darunter fallen nähere Angehörige wie Kinder, Eltern oder Geschwister. Doch wenn ein besonders enger Kontakt des Vermieters zu seinem Schwager besteht, dann kann nach Überzeugung des Bundesgerichtshofes (Aktenzeichen VIII ZR 247/08) ausnahmsweise ein Eigenbedarf geltend gemacht werden.

 

Manchmal schließen die Parteien im Zusammenhang mit einem Eigenbedarfsverfahren einen Vergleich. Was aber geschieht, wenn sich nach einem solchen Vergleich der ursprünglich genannte Kündigungsgrund als vorgetäuscht erweist? Dann kommt es laut Amtsgericht München (Aktenzeichen 474 C 19752/11) darauf an, ob mit dem Vergleich ohne Rücksicht auf den Wahrheitsgehalt tatsächlich ein Schlussstrich gezogen werden sollte. War das beabsichtigt, dann scheiden spätere Schadenersatzansprüche des gekündigten Mieters aus.

 

Urlaubsfotos posten: Warum Vorsicht geboten ist!

 

Eine Frage die viele private "Schnappschussjäger" betrifft:

 

Auf meinem Facebook-Account poste ich regelmäßig Bilder – vor allem während und nach Urlauben zeige ich gerne neue, tolle Motive. Aber was muss ich dabei eigentlich beachten?

 

Michaela Rassat, Juristin der D.A.S. Rechtsschutz Leistungs-GmbH:

Für private Posts gilt: Personen haben ein „Recht am eigenen Bild“. Sind andere Personen, beispielsweise Urlaubsbekanntschaften, auf einer Aufnahme zu erkennen, muss immer deren Einwilligung für die jeweilige Nutzung des Bildes vorliegen. Ausnahmen gelten, wenn die Personen nur unwesentliches „Beiwerk“ des Hauptmotivs sind oder in einer Menschenmenge untergehen. Ein Verstoß gegen das Recht am eigenen Bild ist eine Straftat. Auch Fotos von Gebäuden oder Denkmälern können Probleme bereiten, denn Künstler und Architekten haben ein Urheberrecht an ihrem Werk. Die sogenannte Panoramafreiheit erlaubt es jedoch, Gebäude und Denkmäler an öffentlichen Straßen und Plätzen von außen zu fotografieren und die Fotos zu posten. Voraussetzung: Der Fotograf steht beim Fotografieren auf einer öffentlichen Straße und benutzt kein Hilfsmittel wie etwa eine Leiter. Doch auch hier gibt es Ausnahmen: Zum Beispiel gilt die nächtliche Beleuchtung des Pariser Eiffelturms als Kunstwerk. Bilder davon sind lizenzpflichtig und dürfen ohne Erlaubnis nicht veröffentlicht werden. Wer in einem Museum oder auf einem Veranstaltungsgelände fotografiert, muss etwaige Verbote durch den Hausherrn respektieren. Wichtig zu wissen: Facebook räumt sich selbst in seinen Geschäftsbedingungen an jedem geposteten Foto nicht exklusive Nutzungsrechte ein. Diese Rechte gelten weltweit und umfassen sogar die Erteilung von Unterlizenzen. Daher empfiehlt es sich, vorab genau zu überlegen, was online gehen soll.

 

Patientenverfügung spätestens alle zwei Jahre überprüfen

 

Auch wenn die Beschäftigung mit Themen wie Krankheit und Tod vielen unangenehm ist - eine Patientenverfügung sollte jeder frühzeitig ausfüllen. "Es geht nicht nur darum, lebenserhaltende Maßnahmen auszuschließen. Es geht auch darum, den Angehörigen nicht die Entscheidung aufzubürden", sagt Birgit Carl vom Verein "Augsburger Hospiz- und Palliativversorgung" im Apothekenmagazin "Senioren Ratgeber". Sie empfiehlt, die Patientenverfügung spätestens alle zwei Jahre zu überprüfen. Sind die Wünsche noch aktuell? Hat sich an meiner Situation etwas geändert?

 

Mit "gesundheitlicher Vorausplanung" übersetzt die Expertin den englischen Fachbegriff "Advance Care Planning". Im Prinzip geht es darum, dass vor allem Kranke sich immer wieder mit ihrer Diagnose beschäftigen, alle Behandlungsmöglichkeiten kennen und verstehen, mit ihren Angehörigen und den Ärzten diskutieren und ihren Willen schriftlich festlegen und Stellvertreter benennen. Wichtig dabei ist laut Carl: "Die Patientenverfügung und die Vorsorgevollmacht dürfen nicht im Safe eingesperrt sein. Sie sollten besser im Regal liegen, da kommt im Notfall jeder ran."

 

Ehrenamt - Gericht stärkt Position von Trainern und Co.

 

Der Bundesfinanzhof hat Anfang Mai ein Grundsatzurteil zum Ehrenamt veröffentlicht und damit die Position von Trainern, Übungsleitern und sonstigen Ehrenamtlern gestärkt, die ein kleines Entgelt für ihr Engagement erhalten, so der Bund der SteuerzahlerHamburg. Nach dem Urteil sind Verluste aus nebenberuflicher Tätigkeit als Übungsleiter steuerlich grundsätzlich abziehbar (Az.: VIII R 17/16). Das sah die Finanzverwaltung bisher anders, weshalb es zum Streit kam.

 

Im konkreten Sachverhalt war der Kläger als Übungsleiter tätig und erzielte im Streitjahr Einnahmen in Höhe von 108 Euro. Gleichzeitig hatte er für die Tätigkeit Ausgaben von 608,60 Euro z. B. für Fahrtkosten. Die Differenz von rund 500 Euro machte er als Verlust in seiner Einkommensteuererklärung geltend. Das Finanzamt verweigerte jedoch den Verlustabzug und argumentierte, dass die Ausgaben nur dann anerkannt werden, wenn die Einnahmen und die Ausgaben den Übungsleiterfreibetrag von 2.400 Euro überschreiten. Nein, urteilte der Bundesfinanzhof. Auch Übungsleiter mit Einnahmen unterhalb des Übungsleiterfreibetrages können Verluste bei der Steuer absetzen. Mit dieser Grundsatzentscheidung verwiesen die Richter des Bundesfinanzhofs den Fall an das Finanzgericht zur nochmaligen Verhandlung zurück. Denn das Finanzgericht muss nun prüfen, ob der Kläger – angesichts der niedrigen Jahreseinnahmen aus der Übungsleitertätigkeit – überhaupt eine Gewinnerzielungsabsicht verfolgte. Fehlt die Gewinnerzielungsabsicht, werden die Verluste, trotz des positiven Grundsatzurteils, nicht anerkannt.

 

Es bleibt also abzuwarten, welche Kriterien das Finanzgericht nun für die Gewinnerzielungsabsicht bei nebenberuflichen Übungsleitertätigkeiten aufstellt. Denn eine sog. Hobby- oder Liebhabereitätigkeit wird steuerlich nicht anerkannt. Betroffene Ehrenamtler können sich vorerst aber auf das Urteil des Bundesfinanzhofes berufen und Einspruch einlegen, wenn das Finanzamt ihre Verluste aus dem Ehrenamt nicht anerkennt. Voraussetzung für die Berücksichtigung der Ausgaben ist aber stets, dass der Ehrenamtliche auch Einnahmen aus der Tätigkeit erzielte.

 

Mit wem die Deutschen am liebsten streiten

 

68 Prozent der Deutschen hatten schon mal einen Rechtsstreit. Meistens geht es um die Mietwohnung, einen Unfall oder Ärger mit Behörden. Das zeigt eine aktuelle YouGov-​Umfrage im Auftrag der DEVK. Wer rechtsschutzversichert ist, erspart sich ein beträchtliches Kostenrisiko.

 

Pragmatisch und kompromissbereit: So schätzen sich 61 Prozent der Bundesbürger ein. Die ​Studie belegt, dass die Mehrheit der Deutschen nur im Notfall rechtliche Schritte einleiten will. 25 Prozent geben sogar an, dass sie einem Rechtsstreit aus dem Weg gehen und versuchen, sich gütlich zu einigen. Nur 9 Prozent bestehen auf ihrem Recht und setzen es durch. Tatsache ist: Seinen Rechtsanspruch durchzusetzen, ist in den letzten Jahren immer teurer geworden. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat von 2012 bis 2016 jährlich mehr als 1,4 Millionen Rechtsschutzfälle untersucht. In diesem Zeitraum sind die durchschnittlichen Ausgaben für Anwälte und Gerichte um 19 Prozent gestiegen.

 

Direkter Kontakt zum Anwalt des Vertrauens

 

Nur 32 Prozent der Deutschen hatten laut YouGov-​Umfrage noch nie einen Rechtsstreit. Alle anderen haben damit bereits Erfahrung - bei den über 45-​Jährigen sind es sogar fast drei Viertel der 2.043 Befragten. Insgesamt hatten dabei 34 Prozent persönlich Kontakt mit einem Rechtsanwalt, 14 Prozent telefonisch und 6 Prozent per E-Mail. Ein Viertel kannte den angesprochenen Anwalt bereits, fast ebenso viele haben ihn sich von Familie oder Freunden empfehlen lassen. 17 Prozent der Kontakte haben Rechtsschutzversicherer vermittelt. 15 Prozent sind über eigene Internetrecherche an ihren Anwalt gekommen, 12 Prozent haben ihn wegen der Nähe zum Wohnort ausgewählt.

 

Streit um die Mietwohnung weit verbreitet

 

Stein des Anstoßes sind vor allem Mietverhältnisse (13 Prozent), Unfälle (12 Prozent) und Schwierigkeiten mit Behörden (12 Prozent). Die Deutschen streiten auch häufig mit Arbeitgebern (10 Prozent), Familienmitgliedern (9 Prozent), Käufern bzw. Verkäufern (8 Prozent) sowie Nachbarn (7 Prozent).

 

Trend: Mediation ist gefragt

 

Dabei sind 90 Prozent durchaus bereit, sich gütlich zu einigen. 40 Prozent der Deutschen würden bei einem Rechtsstreit eine Mediation in Betracht ziehen, weitere 50 Prozent vielleicht. Doch auch eine Mediation kostet Geld. Versicherte der DEVK können seit mehr als zehn Jahren Mediation als abrechenbare Leistung in Anspruch nehmen. Mehrere tausend Rechtsschutz-​Kunden der DEVK machen davon pro Jahr Gebrauch. Wer eine Mediation wünscht, bekommt dafür einen Partner empfohlen. Alle DEVK-​Mediatoren sind gleichzeitig auch Anwälte. Die Erfahrung zeigt: Versicherte, die die Mediation in Anspruch nehmen, sind damit sehr zufrieden. 

 

rbb-Verbrauchermagazin warnt vor Abzocke bei Immobilien-Anzeigen

 

Betrugsfälle mit falschen Wohnungen und Häusern in Berlin und Brandenburg sind keine Einzelfälle

 

Auf Immobilienportalen kommt es immer wieder zum versuchten und auch vollzogenen Betrug an Interessenten für Wohnungen und Häuser. Es geht um gefälschte Angebote für Kauf und Miete. Die Masche ist immer ähnlich: Mit Fotos und Angaben aus echten Inseraten werden ahnungslose Interessenten von Privatanbietern oder Maklern mit vermeintlichen Schnäppchenpreisen zu Anzahlungen für Wohnungen und Häuser verleitet, die den Betrügern gar nicht gehören. Eine geprellte Berliner Familie geht nun mit ihrer Geschichte exklusiv für die Sendung SUPER.MARKT vor die Kamera, um andere potentielle Opfer zu warnen.

 

Immowelt, auf deren Plattform solche falschen Anzeigen erschienen sind, sagt dazu dem Verbrauchermagazin des rbb: "Meistens arbeiten die Betrüger mit E-Mail-Adressen, Kreditkarten oder Konten von Online-Bezahldiensten, die sie durch illegales Phishing übernommen haben. Dem Immobilienbetrug ging also in der Regel bereits ein Identitätsbetrug voraus (...)."

 

Recherchen des rbb führen zu Spuren nach Großbritannien, in die USA und Panama. Die angeblichen Maklerfirmen sind nur wenige Monate aktiv, verschleiern die Herkunft ihrer Webseiten, agieren mit gefälschten Angaben zu den Eigentümern und kassieren pro Opfer tausende Euro Anzahlungen. Das Geld ist verloren, die Opfer sollten sich bei der Polizei melden und Anzeige erstatten.

 

Auch die Berliner Plattform Immoscout24 ist von derartigen Fällen betroffen. Das firmeneigene Betrugsdepartment setzt darauf, solche Angebote vor der Veröffentlichung zu identifizieren und zu löschen. Dem rbb sagt Kerstin von Blumröder "Das ist der klassische Vorkassebetrug." Für Zahlungen, bei denen kein richtiger Auftrag zustande komme, "sollte Misstrauen geweckt werden. Das funktioniert nicht bei uns in Deutschland. Das heißt: wir haben einen Verkäufer selten im Ausland sitzen. Bitte Finger davon."

 

Schrottimmobilien rückabwickeln - Ihre Ansprüche als Erwerber

 

Erwerber von sogenannten "Schrottimmobilien" haben häufig mit einer deutlichen Unterdeckung zu kämpfen und fühlen sich angesichts anderslautender Versprechungen und Rentabilitätsprognosen betrogen. Vielfach schwingt bei den Käufern die Angst mit, die Verbindlichkeiten zukünftig nicht mehr bedienen zu können und schlussendlich in die Privatinsolvenz zu rutschen. Denn, hinzukommt, dass die Immobilien regelmäßig extrem überteuert sind, sodass bei einem Verkauf der Immobilie die aufgenommenen Kreditverbindlichkeiten nicht mehr vollständig zurückgeführt werden können.

 

Beworben werden die Objekte regelmäßig mittels gut aufgemachter Prospekte, die vor allem die Vorteile der Immobilie herausstellen. Die Immobilien sind zumeist erheblich überteuert und beinhalten nicht unerhebliche Verkaufsmargen und Innenprovisionen.

 

Den Investoren wird dabei eine gute Rendite vorgerechnet. Das Objekt soll sich angeblich selbst tragen, die Mieteinnahmen die Kosten abdecken. Zum Teil wird auch eine Mietgarantie mit angeboten, die zunächst darüber hinwegtäuscht, dass die tatsächlichen Mieten geringer ausfallen. Erst im Nachhinein stellt sich heraus, dass die Rentabilitätsberechnung tatsächlich nicht zutrifft. Teilweise sind auch die Mieteinnahmen aufgrund der Vereinbarung und des Beitritts zu einem Mietpool geringer als prognostiziert. Über die Risiken im Zusammenhang mit einem Mietpool hat der Verkäufer als Berater und der Vermittler den Käufer im Vorhinein aufzuklären.

 

Grundsätzlich kommt - je nach Fallkonstellation - eine Haftung des Verkäufers, des Vermittlers bzw. Beraters oder der finanzierenden Bank in Betracht. Auch eine Notarhaftung ist möglich, soll hier aber nicht aufgegriffen werden.

 

Haftung des Verkäufers wegen fehlerhafter Beratung

 

Erteilt der Verkäufer im Zuge der Vertragsverhandlungen dem Käufer einen ausdrücklichen Rat bzw. liegt dieser dem Käufer Berechnungsbeispiele über Kosten und finanzielle Vorteile des Erwerbs vor, kommt im Zweifel konkludent ein Beratungsvertrag zustande.

 

Grundsätzlich müssen die Angaben, die in der Rentabilitätsberechnung enthalten sind, richtig sein. Dies beinhaltet auch, dass kein unzutreffendes, zu positives Bild von der Ertragserwartung oder von dem Wertsteigerungspotential vorgetäuscht werden darf. In der Prognose muss das Leerstandsrisiko entweder in der Berechnung des Mietertrages angemessen berücksichtigt oder der Käufer muss unmissverständlich darauf hingewiesen worden sein, dass dieses nicht einkalkuliert wurde. Entsprechendes gilt im Fall einer verwalteten Mieteinnahmegemeinschaft - einem sogenannten Mietpool.

 

Sofern in dem angebotenen Modell zudem der Beitritt des Käufers zu einem Mietpool vorgesehen war, hat der Verkäufer beispielsweise auch über Risiken aufklären, die mit einem empfohlenen Beitritt zu einem Mietpool verbunden sind.

 

Empfiehlt der Verkäufer den Beitritt zu einem Mietpool muss er dem Käufer darüber hinaus die Funktionsweise des Mietpools im Fall von Wohnungsleerstand erläutern. Dazu zählt nicht nur der Vorteil, bei einem Leerstand der eigenen Wohnung keinen vollständigen Mietausfall zu erleiden, sondern auch der Nachteil, das - anteilige - Risiko tragen zu müssen, dass andere Wohnungen nicht vermietet sind. Er muss ausdrücklich darauf hinweisen, dass Leerstände anderer Wohnungen, soweit sie über den hier einkalkulieren Betrag hinausgehen, zu einer Verringerung auch seines Mietvertrages führen.

 

Die Beratungspflichten im Fall eines Beratungsvertrages sind hier bei weitem nicht abschließend, sondern nur exemplarisch dargestellt.

 

Haftung des Vermittlers und Beraters

 

Zwischen dem Anleger und dem Anlagevermittler bzw. -berater kommt im Zweifel ein Anlagevermittlungs- bzw. -beratungsvertrag zustande. Aus diesem Vertragsverhältnis ergibt sich die Verpflichtung des Vermittlers bzw. Beraters, den Investor richtig und vollständig über diejenigen Umstände zu informieren, die für die Anlageentscheidung von besonderer Bedeutung sind. Insofern wird auf die oben stehenden Ausführungen zur Haftung des Verkäufers verwiesen.

 

Im Bereich der Schrottimmobilien ist vor allem die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs relevant, wonach der Vermittler den Erwerber einer von ihm vermittelten Anlage unaufgefordert über Vertriebsprovisionen aufzuklären hat, wenn diese 15 % des von den Anlegern aufzubringenden Kapitals überschreiten. Dies gilt grundsätzlich auch für die Vermittlung von Eigentumswohnungen als Kapitalanlage und zudem unabhängig davon, ob die Wohnung mittels eines Prospektes vertrieben worden ist oder nicht. Gerade in diesem Bereich lässt sich häufig eine Haftung des Anlage Vermittlers oder Beraters begründen.

 

Inanspruchnahme der Bank - Schadensersatz und Kreditwiderruf

 

Auch bei den finanzierenden Banken kommt unter bestimmten Voraussetzungen eine Schadensersatzhaftung in Betracht. Möglicherweise greift auch noch der sogenannte Widerrufsjoker.

 

Beim Erwerb von Wohnungen oder Häusern als Kapitalanlage erfolgt regelmäßig keine Beratung durch das finanzierende Kreditinstitut selbst. Die Finanzierung wird regelmäßig über den Vertrieb bzw. den Verkäufer mit angedient. Hat die Bank im Einzelfall auch beraten, kommt natürlich auch in diesem Fall eine Haftung wegen fehlerhafter Beratung in Betracht.

 

Grundsätzlich geht die Rechtsprechung davon aus, dass die finanzierende Bank keine Aufklärungspflichten bezüglich des finanzierten Objektes trifft. Etwas anderes kann sich jedoch in folgenden Fallkonstellationen ergeben. Aufklärungspflichten kommen in Betracht, wenn

 

- die Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Projekts über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgeht,

- sie einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden schafft oder dessen Entstehung begünstigt,

- sie sich im Zusammenhang mit Kreditgewährungen sowohl an den Initiator als auch an einzelne Erwerber in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickelt oder

- die Bank in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Kreditnehmer hat und dies auch erkennen kann.

 

In Fällen eines sogenannten institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer oder Vertrieb wird unter bestimmten Voraussetzungen die Kenntnis der Bank von einer arglistigen Täuschung des Anlegers durch den Verkäufer etc. vermutet. In dieser Situation können sich Anleger daher unter erleichterten Voraussetzungen mit Erfolg auf einen die Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprung der finanzierenden Bank berufen und Schadensersatzansprüche geltend machen.

 

Aufklärungspflichten im Sinne der oben genannten zweiten Fallgruppe (Schaffung eines besonderen Gefährdungstatbestandes) kommen nach höchstrichterlicher Rechtsprechung etwa dann in Betracht, wenn spezifische Risiken hinzutreten, etwa im Fall eines Mietpools. Danach würden Aufklärungspflichten beispielsweise dann in Betracht kommen, wenn die finanzierende Bank

 

- dem Beitritt in Kenntnis einer bereits bestehenden Überschuldung des konkreten Mietpools verlangt oder

- in Kenntnis des Umstandes, dass im konkreten Mietpool Darlehen gewährt wurden, für die die Anleger als Poolmitglieder haften müssen, oder

- in Kenntnis des Umstandes, dass an die Poolmitglieder konstant überhöhte Ausschüttungen ausbezahlt werden, die ihnen einen falschen Eindruck von der Rentabilität und Finanzierung der Anlage vermitteln.

 

Neben möglichen Schadensersatzansprüchen kommt im Einzelfall auch ein Widerruf des Darlehensvertrages gemäß § 495 BGB in Betracht.  Zu beachten ist jedoch, dass mit der Wohnimmobilienkreditrichtlinie das Widerrufsrecht für Verträge, die ab dem 20.03.2016 abgeschlossen worden sind, nach einem Jahr und 14 Tagen erlischt.

 

Lassen Sie Ihre Ansprüche prüfen

 

Wer mit seinem Investment unzufrieden ist, sollte dieses auf den Prüfstand stellen. Denn die Rechtsprechung eröffnet mittlerweile umfassende Möglichkeiten zur Rückabwicklung derartiger Kapitalanlagen, so die Empfehlungen von Hahn Rechtsanwälte.

 

Ehegattentestament: Unwirksam bei Scheidung?

 

Ein gemeinschaftliches Testament von Ehegatten verliert seine Gültigkeit, wenn ein Ehepartner die Scheidung einreicht und der andere zustimmt. Die Ehepartner können dann für sich selbst jeweils neue Testamente aufsetzen. Auch ein Mediationsverfahren mit dem Ziel einer Versöhnung ändert nichts an der Unwirksamkeit des gemeinsamen Testaments. Dies hat laut D.A.S. Rechtsschutz Leistungs-GmbH das Oberlandesgericht Oldenburg entschieden. OLG Oldenburg, Az. 3 W 71/18

 

Hintergrundinformation: Viele Ehepaare setzen ein gemeinschaftliches Testament auf. Dafür gelten besondere Regeln. Stirbt zum Beispiel ein Ehepartner, kann der andere das Testament nicht ohne Weiteres widerrufen oder durch ein neues ersetzen. Eine Scheidung allerdings macht das gemeinschaftliche Testament unwirksam.

 

Der Fall: Ein Ehepaar hatte ein gemeinschaftliches Testament aufgesetzt. Beide hatten sich darin gegenseitig als Erben eingesetzt. Ein Jahr später kam es zur Trennung. Der Ehemann setzte nun ein neues Testament auf und machte seine Adoptivtochter zur Alleinerbin. Dann reichte die Ehefrau die Scheidung ein, der der Ehemann vor Gericht zustimmte. Allerdings wollten beide noch ein Mediationsverfahren durchlaufen, um herauszufinden, ob sich die Ehe vielleicht retten ließe. Der Mann verstarb jedoch. Die Ehefrau und die Adoptivtochter waren nun beide der Meinung, seine Alleinerben zu sein. Es kam zum Prozess.

 

Das Urteil: Das Oberlandesgericht Oldenburg erklärte nach Informationen des D.A.S. Leistungsservice die Adoptivtochter zur Alleinerbin. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch verliere ein gemeinschaftliches Testament seine Wirksamkeit, wenn die Ehe geschieden sei oder die Voraussetzungen für eine Scheidung vorlägen, also der Erblasser entweder die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt habe. Diese Situation liege hier vor. Die Eheleute hätten bereits drei Jahre lang getrennt gelebt. Der Wunsch nach einem Mediationsverfahren reiche nicht aus, um anzunehmen, dass beide die Ehe fortsetzen wollten. Zwar sehe das Gesetz eine Ausnahme vor: Ein gemeinsames Testament bleibe auch bei einer Scheidung gültig, wenn beide Ehepartner dies von Anfang an so bestimmt hätten. Dies sei hier aber nicht der Fall gewesen. Die Ehefrau ging daher leer aus.Oberlandesgericht Oldenburg, Beschluss vom 26. September 2018, Az. 3 W 71/18

 

Warnung vor Abzocke bei Geldanlagen im Internet

 

Betrüger locken Anleger mit hohen Gewinnaussichten auf dubiosen Online-Handelsplattformen

 

 

Digitalisierung liegt im Trend: online einkaufen, online daten, online in die Arztsprechstunde – nichts liegt näher, als sein Geld bequem mit ein paar Klicks im Internet zu vermehren. Potentielle Anleger stoßen im Netz immer wieder auf Anbieter von scheinbar besonders lukrativen Investitionsmöglichkeiten, die das schnelle Geld und außerordentlich hohe Gewinne versprechen. Häufig aber stecken hinter solchen Angeboten Straftäter, deren einziges Ziel es ist, die Anleger um ihr Geld zu betrügen.

 

Das Bundeskriminalamt und die Landeskriminalämter aus Bayern, Baden-Württemberg, Berlin, Sachsen-Anhalt, dem Saarland und Nordrhein-Westfalen warnen aktuell gemeinsam mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vor einer neuen Masche von Betrügern, die auf Online-Handelsplattformen Anlageprodukte mit scheinbar hohen Gewinnchancen bei einfachster Handhabung anbieten.

 

Der Kunde investiert angeblich in finanzielle Differenzkontrakte (Contracts for Difference – CFDs) und binäre Optionen auf Rohstoffe, Aktien, Indizes, Währungen („Forex“) oder Kryptowährungen. Wie genau die Kapitalanlage funktioniert, erklärt der Onlinehändler auf seiner Internetseite allerdings nicht. Viele der Anbieter verfügen noch nicht einmal über die notwendigen Lizenzen, derartige Geschäfte in Deutschland bzw. mit deutschen Kunden zu tätigen.

Hat sich der Kunde auf der Handelsplattform registriert und erstes Geld investiert, wird er umgehend von Mitarbeitern der Handelsplattform angerufen. Die Anrufer geben sich als kompetente Finanzbroker mit jahrelanger Handelserfahrung aus, um sich so das Vertrauen der Neukunden zu erschleichen. Tatsächlich handelt es sich jedoch um Betrüger, die die Anleger um ihr Kapital bringen wollen.

 

Besonders dreist ist, dass der Anleger den Stand seines Anlagekontos vermeintlich online einsehen kann. Dort werden ihm mithilfe der Betrugssoftware der Handelsplattform Kontobewegungen und hohe Gewinne angezeigt. Dass seine Einlage unmittelbar beeindruckende Gewinne erzielt, überzeugt den Kunden so von dem Geschäft, dass er weitere Investitionen tätigt. Will er sich allerdings sein Guthaben auszahlen lassen, bricht der Kontakt zur Handelsplattform ab und der angebliche Berater ist nicht mehr erreichbar oder gar unbekannt. In anderen Fällen wird der Anleger mit Ausreden vertröstet oder gar überredet, noch mehr Geld einzuzahlen, damit eine Auszahlung erfolgen könne.

 

Fakt ist: Die eingezahlten Gelder werden in Wahrheit nie einer Kapitalanlage zugeführt. Die komplette Handelsplattform einschließlich des vermeintlichen Kundenkontos ist ein Fake. Die Aussichten der Opfer, ihr Geld wiederzuerlangen, sind sehr gering. Die Täter

überweisen und verschieben die Kundengelder auf verschiedenste Konten im Ausland, die Betreiberfirmen der Handelsplattformen wechseln häufig und bei den Firmensitzen handelt es sich um bekannte Offshore-Briefkastenadressen. Es droht der Totalverlust des investierten Kapitals.

Die BaFin weist darauf hin, dass beim Handel mit CFDs und binären Optionen grundsätzlich ein hohes Verlustrisiko besteht. Seit dem 2. Juli 2018 sind im Interesse des europaweiten Anlegerschutzes auch lizenzierten Finanzdienstleistungs- und Kreditinstituten die Vermarktung, der Vertrieb und der Verkauf binärer Optionen an Privatkunden verboten. Bereits am 8. Mai 2017 hatte die BaFin die Vermarktung, den Vertrieb und den Verkauf von CFDs an Privatkunden beschränkt. Seit dem 1. August 2018 gelten hierfür europaweit weitere Beschränkungen wie Hebelbeschränkungen, automatische Verlustbegrenzungen, ein Nachschusspflichtverbot, Vermarktungsbeschränkungen und eine verpflichtende Risikowarnung.

 

Was können Sie tun, um sich zu schützen?

 

1. Seien Sie misstrauisch bei Angeboten, die eine sichere Anlage, eine garantierte Rendite, dazu hohe Gewinne oder ein nur sehr geringes Risiko versprechen! Misstrauen Sie Bonusversprechungen und Erfolgen auf Demo-Konten.

2. Bevor Sie Geld übergeben oder eine Anlage tätigen, holen Sie immer unabhängigen Rat (z.B. bei Verbraucherzentralen) ein.

3. Nutzen Sie bei Anlageangeboten im Internet verschiedene Suchmaschinen, um möglichst umfassende Informationen zum Anbieter und zum Produkt zu erhalten.

4. Achten Sie bei Anlageangeboten im Internet darauf, ob ein Impressum angegeben ist. Wer ist Ihr potentieller Vertragspartner und wo hat er seinen Sitz?

5. Handelt es sich um ein von der BaFin oder einem anderen EU-Land lizenziertes Unternehmen? Dies können Sie über die Unternehmensdatenbank der BaFin unter https://portal.mvp.bafin.de/database/InstInfo/start.do jederzeit abfragen.

6. Lehnen Sie unaufgeforderte Anrufe im Zusammenhang mit Anlageangeboten ab! Lassen Sie sich nicht auf Beratungsgespräche mit Unbekannten ein.

7. Vorsicht vor zukünftigen Betrugsversuchen! Wenn Sie bereits Opfer wurden und in einen Betrug investiert haben, werden die Betrüger Sie wahrscheinlich wieder ins Visier nehmen oder Ihre Daten an andere Kriminelle verkaufen.

8. Vorsicht bei Hilfsangeboten! Häufig geben sich Betrüger, die Ihre Kundendaten erworben haben, als „Samariter“ aus, die Sie dabei unterstützen wollen, Ihr verlorenes Geld zurückzuholen.

9. Seien Sie misstrauisch und kontaktieren Sie bei Verdacht die Polizei und/ oder die BaFin!

 

Steuerzinsen weiterhin umstritten

 

Einspruch einlegen lohnt!

 

Die Verzinsung im Steuerrecht ist höchst umstritten. Inzwischen gibt es verschiedene Gerichtsentscheidungen, die an dem hohen Steuerzinssatz zweifeln. Betroffene sollten Einspruch einlegen, empfiehlt der Bund der Steuerzahler.

 

Für Sparer sind Zinsen von 6 Prozent pro Jahr ein Traum, in den Finanzämtern ist dieser Zinssatz hingegen geltendes Recht. Für Steuernachforderungen berechnet das Finanzamt 0,5 Prozent Zinsen pro Monat, also 6 Prozent pro Jahr. Inzwischen gibt es jedoch ernstliche Zweifel, ob der Zinssatz noch angemessen ist. Steuerzahler, die Zinsen an das Finanzamt zahlen müssen, sollten daher Einspruch gegen den Zinsbescheid einlegen und das Ruhen des Verfahrens beantragen. Zur Begründung kann auf die vom Bund der Steuerzahler unterstützte Musterklage beim Bundesfinanzhof verwiesen werden (Az.: III R 25/17). Damit müssen die Zinsen zwar zunächst gezahlt werden, der eigene Steuerfall bleibt aber erst einmal offen, sodass der Steuerzahler die zu viel gezahlten Zinsen nach Abschluss des Pilotverfahrens eventuell zurückerhält.

 

Neben dem Einspruch besteht auch die Möglichkeit, die Aussetzung der Zinsen zu beantragen. Das heißt, die geforderten Zinsen müssen nicht entrichtet werden. Allerdings ist die Aussetzung an strenge Voraussetzungen geknüpft. Die Details hat das Bundesfinanzministerium in einem Verwaltungsschreiben vom 14. Juni 2018 zusammengefasst, das beim Ministerium online abgerufen werden kann. Hintergrund für das Verwaltungsschreiben war ein Beschluss des Bundesfinanzhofs vom Frühjahr, in dem das Gericht die Verfassungsmäßigkeit von Nachzahlungszinsen ab dem Jahr 2015 anzweifelt (Az.: IX B 21/18). Kürzlich entschied auch das Finanzgericht Münster, dass der Zinssatz von jährlich 6 Prozent zu hoch sei – und zwar sogar schon für Zeiträume ab dem Jahr 2014. Angemessen sei lediglich eine Verzinsung von drei Prozent, so die Gerichtsmeinung (Az.: 9 V 2360/18 E). Auf diese beiden Entscheidungen kann man sich berufen, wenn die Aussetzung der zu hohen Zinsen beantragt wird.

 

„Datenschutzauskunft-Zentrale“ versucht abzuzocken

 

Die Verbraucherzentrale Bayern warnt vor offiziell wirkenden Schreiben der „Datenschutzauskunft-Zentrale“. Diese verschickt in großem Ausmaß Faxe, die den Eindruck erwecken, dass einer vermeintlich bestehenden Datenschutzpflicht nachgekommen werden müsse. Aktuell wenden sich viele Betroffene an die Verbraucherzentrale Bayern. Sie werden in dem Schreiben aufgefordert, ein Formular auszufüllen und dieses innerhalb kurzer Zeit zurück zu senden. „Die angebliche Datenschutzauskunft-Zentrale ist aber keineswegs eine offizielle Stelle. Es handelt sich hierbei eindeutig um Abzocke“, so Tatjana Halm, Juristin der Verbraucherzentrale Bayern.

 

Denn durch das Absenden des Formulars bestellt man ein sogenanntes „Leistungspaket Basisschutz“, das mit einem jährlichen Preis von 498 Euro und bei einer dreijährigen Lauf-zeit mit 1.494 Euro zuzüglich Umsatzsteuer zu Buche schlägt. Die Verbraucherzentrale Bayern rät, das Schreiben der „Datenschutzauskunft-Zentrale“ zu ignorieren. Wer das Formular bereits unterschrieben hat, sollte sich darauf berufen, dass kein Vertrag zu Stande gekommen ist und sich rechtlich beraten lassen. Verbraucher, die datenschutzrechtliche Fragen haben, können sich an die Online-Beratung der Verbraucherzentrale wenden unter www.verbraucherzentrale-bayern.de.

 

Nach Erfahrung der Verbraucherschützer gibt es zahlreiche ähnliche Versuche, mit dieser Art von angeblicher Dienstleistung Kasse zu machen. Die Verbraucherzentrale Bayern rät daher, sämtliche Anfragen im Zusammenhang mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), auch wenn sie zunächst offiziell erscheinen, sorgfältig zu lesen und keinesfalls einfach zu unterschreiben.

 

Warnung vor falschen Haftbefehlen

 

Seit mehreren Wochen werden im gesamten Bundesgebiet gefälschte Haftbefehle auf dem Postweg versandt. Die jeweiligen Adressaten werden in den auf den ersten Blick offiziell aussehenden, mit dem Briefkopf der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main versehenen „Haftbefehlen“ aufgefordert, bis zu einem bestimmten Termin etliche tausend Euro als „Teilzahlung“ einer „offenen Geldstrafe“ zu bezahlen. Eine Kontoverbindung zur Überweisung enthält das Schreiben nicht. Stattdessen werden die Empfänger aufgefordert, sich sofort mit dem namentlich genannten (tatsächlich aber nicht existenten) „Sachbearbeiter“ unter der (in Wahrheit nicht zur Staatsanwaltschaft gehörenden) Telefonnummer in Verbindung zu setzen. Weiter heißt es in den „Haftbefehlen“, wer sich nicht beim „Sachbearbeiter“ melde, müsse damit rechnen, dass „die Rechtsprechung unwiderruflich durchgeführt“ werde.

 

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main weist darauf hin, dass derartige „Haftbefehle“ fingiert sind. Es handelt sich um Totalfälschungen. Bürgern, die entsprechende Schreiben erhalten, wird dringend empfohlen, weder die genannte Rufnummer zu wählen noch irgendwelche Zahlungen zu leisten, sondern sich unverzüglich an die nächste Polizeidienststelle zu wenden und Strafanzeige zu erstatten.

 

Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen wegen des Verdachts des Betruges und der Urkundenfälschung aufgenommen.

 

Kosten eines Rechtsstreits als Werbungskosten absetzen

Es gibt viele Situationen, in denen es sich lohnt einen Anwalt aufzusuchen. Wer keinen Rechtschutz hat oder wenn der nicht zahlt, dann sind die Gebühren selbst zu stemmen. Geht es in Folge vor ein Gericht, dann können mitunter höhere Kosten das Haushaltsbudget belasten. "Kosten für Zivilprozesse werden unter bestimmten Voraussetzungen vom Finanzamt jedoch anerkannt", erklärt Robert Dottl, Vorstandsvorsitzender der Lohnsteuerhilfe Bayern e.V. (Lohi). Und zahlt der Rechtsschutz doch, so kann zumindest die Selbstbeteiligung, die der Steuerpflichtige zu tragen hat, in der Steuererklärung geltend gemacht werden.

 

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, in denen Prozesskosten als Werbungskosten geltend gemacht werden können. Werbungskosten im Sinne des Einkommensteuergesetzes sind Aufwendungen, die getätigt werden, um Einnahmen zu erzielen, abzusichern oder zu erhalten. Hängt ein Streitfall also unmittelbar mit einer Einkunftsart zusammen, können die Kosten dafür in der Einkommensteuererklärung abgesetzt werden. "Die Höhe der Einnahmen spielt für das Finanzamt dabei keine Rolle, ebenso wenig ob ein Verfahren erfolgreich war oder nicht", so Robert Dottl. Auch ist es steuerrechtlich egal, ob man Kläger oder Beklagter ist. Zu den Prozesskosten zählen die Kosten für das Gerichtsverfahren, Sachverständige und Anwälte.

 

Streit mit dem Arbeitgeber

 

Arbeitsrechtsfälle sind in jedem Fall absetzbar, wenn der Arbeitslohn oder das Arbeitsverhältnis, zum Beispiel bei einer Kündigungsschutzklage, Gegenstand des Streits sind. Selbst wenn es sich um ein berufliches Disziplinarverfahren handelt, geht der Abzug. Wenn bei einem Strafverfahren, bei dem nicht mit Vorsatz gehandelt wurde, ein rein berufliches Handeln zugrunde liegt, erkennt der Fiskus die Kosten ebenso an. Passiert auf dem Weg zur Arbeit oder von der Arbeit nach Hause ein Wegeunfall und wird infolge dessen um die Kostenübernahme gestritten, sind die Kosten des Rechtsstreits als Werbungskosten abzugsfähig, da der Arbeitsweg mit der Arbeit in Zusammenhang steht.

 

Streit mit dem Mieter

 

Bei Streitigkeiten aus dem Mietrecht, wie Mietrückstande, Mietminderung, Mängel am Mietobjekt, Schönheitsreparaturen, Renovierung, Kündigung oder Eigenbedarf, kann üblicherweise nur der Vermieter oder Verpächter die Kosten absetzen, da er derjenige ist, der mit der Vermietung Einkünfte erzielt.

 

Streit wegen der Rente

 

Betrifft die Auseinandersetzung Einkünfte aus der gesetzlichen oder einer privaten Rentenversicherung, Betriebsrenten oder Pensionen, sind die Prozesskosten steuerlich abzugsfähig. Sie werden jeweils bei der Einkunftsart berücksichtigt, bei der sie entstanden sind. Wird die Zahlung einer gesetzlichen Rente eingeklagt, sind die Prozesskosten bei den sonstigen Einkünften abziehbar. Geht es dagegen um eine Betriebsrente oder Pension werden sie bei den nichtselbstständigen Einkünften berücksichtigt.

 

Nicht absetzbare Streitigkeiten

 

Aufwendungen für Streitigkeiten aufgrund einer Erbschaft werden als Werbungskosten nicht anerkannt, auch wenn das Erbe eine Einkunftsquelle beinhaltet. Diese Prozesskosten werden der privaten Lebensführung zugeordnet, da es primär um den Erwerb oder die Aufteilung des Erbes und geht. Auch die Kosten einer Scheidung werden der Privatsphäre zugeordnet.

 

Streit mit dem Finanzamt

 

Geht es vor ein Finanzgericht, können die Prozesskosten ebenfalls bei derjenigen Einkunftsart, um die gestritten wird als Werbungskosten abgezogen werden. Wird mit der Klage selbst ein Abzug von Werbungskosten anvisiert, dann sind die Aufwendungen abziehbar. Wird jedoch zum Beispiel um den Abzug von Sonderausgaben gestritten ist kein Abzug erlaubt.

 

Fallen Prozesskosten an, wird die Werbungskostenpauschale von 1.000 Euro leicht überschritten. Darüber hinaus rechnet sich jeder Euro, denn er mindert entsprechend dem persönlichen Steuersatz die Steuerlast. In Fällen, bei denen die Prozesskosten vom Fiskus anerkannt werden, sind bei der Einkommensteuererklärung die Fahrtkosten mit 0,30 Euro je gefahrenen Kilometer zum Anwalt oder Gericht nicht zu vergessen.

 

 

Teurer ist nicht immer besser

Kostenpflichtige Online-Patientenverfügungen versprechen eine schnelle, professionelle Erstellung individuell passender Unterlagen. Dabei reichen die Preise von 10 bis 140 Euro und die Bandbreite der Angebote vom reinen Download der Formulare bis hin zum persönlichen Kontakt mit Experten. Die Verbraucherzentralen haben das Geschäftsmodell unter die Lupe genommen und festgestellt: Teurer ist nicht immer besser.

 

Eine Patientenverfügung legt den Willen des Patienten bezüglich möglicher medizinischer Behandlungssituationen in der Zukunft fest. Damit das möglich ist, macht der Patient vorsorglich Angaben zu häufig auftretenden Behandlungssituationen. Kostenpflichtige Online-Angebote können dazu durchaus eine rechtswirksame Festlegung der eigenen Wünsche leisten. „Allerdings gibt es keinen Grund für die Annahme, die Formulierungen in einer Online-Patientenverfügung seien besser als gängige Vordrucke, die sich Verbraucher von Ministerien besorgen, aus dem Internet kostenfrei zum Ausfüllen herunterladen oder im Buchhandel kaufen können“, so Dr. Peter Grieble, Abteilungsleiter Versicherungen, Pflege, Gesundheit bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.

 

In einem Test von elf kostenpflichtigen Online-Angeboten stellte eine bundesweite Untersuchung der Verbraucherzentralen fest, dass die meisten online angebotenen Patientenverfügungen mit den kostenlos erhältlichen Textbausteinen des Bundesjustizministeriums übereinstimmen. Kritisch sind Angebote zu betrachten, die eine Optimierung erprobter Patientenverfügungsmuster versprechen. Die Verbraucherzentralen konnten sich von einem Mehrwert solcher Angebote nicht überzeugen. Im ungünstigsten Fall können wortreiche Erweiterungen gängiger Formulierungen sogar Zweifel aufwerfen, wenn die Breite der Formulierungen als Unsicherheit des Verfassers interpretiert wird. Dann wäre der höhere Preis für eine solche Optimalversion schlecht investiert.

 

Als bedenklich bewerten die Verbraucherzentralen zudem Stil und Inhalt zahlreicher Werbetexte. Häufig schüren diese die Angst von Verbrauchern, der Medizin ohne die beworbene Patientenverfügung hilflos ausgesetzt zu sein. „Dabei ist gerade ein kühler Kopf bei der Erstellung einer Patientenverfügung die beste Garantie für eine nachvollziehbare Bekundung des eigenen Willens“, so Experte Grieble. 

 

Patientenverfügung muss eindeutig sein 

Menschen wollen selbstbestimmt leben. Und die meisten wollen auch bestimmen, wie sie behandelt werden, wenn sie durch einen Unfall oder eine Krankheit dazu nicht mehr in der Lage sind. Mit einer Patientenverfügung planen sie den Ernstfall. Welche Anforderungen der Bundesgerichtshof an eine rechtlich bindende Patientenverfügung stellt, machte er jüngst klar (AZ XII ZB 61/16), wie die HUK-COBURG-Rechtsschutzversicherung mitteilt.

 

Nach Ansicht des XII. Zivilsenats ist sie nur dann bindend, „wenn ihr konkrete Entscheidungen des Betroffenen über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in bestimmte, noch nicht unmittelbar bevorstehende ärztliche Maßnahmen entnommen werden können“. Als „von vorneherein nicht ausreichend“ bezeichneten die Richter „allgemeine Anweisungen, wie die Aufforderung ein würdevolles Sterben zu ermöglichen oder zuzulassen, wenn ein Therapieerfolg nicht mehr zu erwarten ist“.

 

Gleichzeitig verdeutlichten sie, dass „die Anforderungen an die Bestimmtheit einer Patientenverfügung aber auch nicht überspannt“ werden dürften. „Vorausgesetzt werden kann nur, dass der Betroffene umschreibend festlegt, was er in einer bestimmten Lebens- und Behandlungssituation will und was nicht.“ Konkretisieren lässt sich die eigene Vorstellung beispielsweise durch die Benennung bestimmter ärztlicher Maßnahmen, spezieller Krankheiten oder Behandlungssituationen.

 

Jede Vollmacht kann man widerrufen / Ob Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung - niemand legt sich unwiderruflich fest

Auf eine Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung sollte niemand verzichten, weil er fürchtet, an die einmal getroffene Entscheidung ewig gebunden zu sein. Falls man sich etwa mit einer Vertrauensperson zerstreitet oder seine Meinung ändert, ist das kein Problem. "Man kann alle Verfügungen jederzeit ohne Angabe von Gründen ändern oder widerrufen", sagt Dr. Hubertus Rohlfing, Notar und Fachanwalt von der Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltsvereins, im Apothekenmagazin "Senioren Ratgeber". Seiner Erfahrung nach gehen die meisten Menschen mit Vollmachten aber sehr verantwortungsbewusst um: "Missbrauch ist selten, und wenn, geht es meist um sehr viel Geld."

Wie Testamente zuverlässig und kostengünstig aufgefunden werden

Erst seit 2012 gibt es ein zentrales gesetzliches Register für Testamente in Deutschland. Das von der Bundesnotarkammer geführte Zentrale Testamentsregister verzeichnete im dritten Jahr seines Bestehens bereits 7,7 Mio. Urkunden und bietet jedermann die Möglichkeit sein Testament kostengünstig registrieren zu lassen. Aktuell werden die Testamentsverzeichnisse der Standesämter in Nordrhein-Westfalen in das Register überführt; ab Frühjahr 2015 folgt Rheinland-Pfalz. Bis Ende 2016 wird der Verwahrort von 20 Millionen Urkunden für Gerichte und Notare zentral und zuverlässig abrufbar sein. Selbst das wohlüberlegteste Testament zählt letztlich nichts, wenn es nach dem Tod nicht dem Nachlassgericht zur Eröffnung übergeben wird. Bürger, die sich mit der Abfassung ihres letzten Willens beschäftigten, stoßen zwangsläufig auf das Problem, wie sie sicherstellen können, dass ihr letzter Wille auch aufgefunden und befolgt wird. "Besonders häufig machen sich Alleinstehende darüber Sorgen", berichtet Dr. Steffen Breßler, Geschäftsführer der Notarkammer Koblenz, aus der Beratungspraxis. Aber auch Ehegatten fühlen sich nach seiner Erfahrung oft unsicher, wenn sie beispielsweise an einen gemeinsamen Autounfall denken. Dr. Breßler rät, Testamente im 2012 gesetzlich eingeführten Zentralen Testamentsregister vermerken zu lassen. "Zahlreiche Bürger meinen zu Unrecht, es kämen hohe Kosten auf sie zu. Tatsächlich ist ein professionell beratenes und beurkundetes Testament regelmäßig günstiger als eine Autoinspektion", weiß Dr. Breßler. Die Gebühr für die Registrierung beim Zentralen Testamentsregister beträgt einmalig 18 Euro und die Verwahrung durch das Amtsgericht kostet einmalig pauschal 75 Euro. Die Kosten für ein notarielles Einzeltestament sind vermögensabhängig. Bei einem Nachlasswert von 50.000,- Euro liegt die Gebühr für die Tätigkeiten des Notars beispielsweise bei 165,- Euro bzw. bei 354,- Euro im Fall eines Nachlasswerts von 150.000,- Euro. Das notarielle Testament empfiehlt sich laut Dr. Breßler aber nicht nur wegen der fachkundigen Beratung bei der Abfassung, sondern auch, weil damit die hohen Kosten für einen Erbschein gespart werden können. Die Bundesnotarkammer hat eine gebührenfreie Informationshotline unter der Rufnummer 0800-3550700 für Anfragen zum Zentralen Testamentsregister eingerichtet. Interessierte Bürger erhalten hier sowie im Internet unter www.testamentsregister.de Antworten auf Fragen zu dem gesetzlichen Register.

 

Wilde Ehe - ein rechtsfreier Raum?

Nicht eheliche Lebensgemeinschaften sind schon lange in der Gesellschaft angekommen. Doch wenn es um Fragen zu Unterhalt, Altersvorsorge, gemeinsamen Vermögenswerten oder Schulden geht, gilt im Gegensatz zur Ehe kein spezifisches rechtliches Regelsystem. Wie sich nicht eheliche Partner dennoch vor den Folgen von Trennung oder Todesfall schützen, kann ein Notar klären. Trennen sich die ehemaligen Partner auf Lebenszeit, so bricht in aller Regel Streit um Vermögenswerte aus. "Während die Gerichte früher den nichtehelichen Lebenspartnern einen Ausgleich nach beendeter Lebensgemeinschaft grundsätzlich verwehrten, kommen nun Ausgleichsansprüche in Betracht.

 

Zumindest dann, wenn der eine Partner wirtschaftlich wertvolle Leistungen, wie etwa Geld oder Arbeitsleistungen, für den anderen Partner erbracht hat, diese jedoch keinen Niederschlag in der rechtlichen Beteiligung des gemeinsamen Vermögens gefunden haben," erklärt Bernd v. Schwander, Geschäftsführer der Hamburgischen Notarkammer und nennt als typisches Beispiel ein gemeinsames Darlehen für den Hauskauf, bei dem aber nur ein Partner im Grundbuch steht. Für den Fall der Trennung schafft nur ein Vertrag zwischen den ehemaligen Partnern Rechtssicherheit. Dieser sollte am Besten schon vor einer Trennung von den Partnern geschlossen werden und besonders kritische Punkte wie die Aufteilung des gemeinsamen Vermögens und der gemeinsamen Schulden verbindlich und abschließend regeln. Während ein solcher Vertrag grundsätzlich privatschriftlich geschlossen werden kann, ist die Einschaltung eines Notars immer dann erforderlich, wenn Immobilienvermögen zu teilen ist. Ebenfalls ist der Gang zum Notar erforderlich, wenn die Partner für sich bzw. für ihre gemeinsamen Kinder wirksame und vollstreckbare Unterhaltstitel schaffen wollen. Ein weiterer Vorteil bei Beziehungsende: Ein Vertrag erspart den Partnern ein zeitraubendes, kostenintensives und emotional belastendes Gerichtsverfahren.

 

Auch für den Fall des Endes der nichtehelichen Lebenspartnerschaft durch Tod lässt sich vertraglich vorsorgen. Schließt man den notwendigen Vertrag vor einem Notar, berücksichtigt dieser mit den Partnern auch die erbrechtlichen Fragestellungen. "Trotz der Verbreitung der Form der nichtehelichen Lebensgemeinschaft hat der Gesetzgeber diese Entwicklungen im Erbrecht noch keinen Niederschlag finden lassen. Nichteheliche Lebenspartner werden weiter wie außenstehende Fremde behandelt. Das ändert sich auch dann nicht, wenn die nichtehelichen Lebenspartner gemeinsame Kinder haben. So kann unter Umständen der entfernte Verwandte des verstorbenen Partners sein gesetzliches Erbrecht geltend machen, während der eigentliche Lebenspartner im Erbfall leer ausgeht" erklärt v. Schwander weiter. Gerade hier und für alle anderen wahrscheinlichen Streitfragen zwischen den Partnern empfiehlt es sich, die fast immer als nicht interessengerecht empfundenen gesetzlichen Regelungen mit Hilfe einer individuellen Beratung durch den Notar vertraglich und testamentarisch zu modifizieren.

 

Mahngebühren - Drei Viertel der Unternehmen verlangen zu viel

Eine Umfrage des ZDF-Magazins "WISO" unter 40 großen Unternehmen aus verschiedenen Branchen zeigt, dass sich drei Viertel von ihnen nicht an die gängige OLG-Rechtsprechung zu Mahngebühren halten. Für Mahnschreiben werden danach bis zu 25 Euro verlangt. Gerichtlich anerkannt sind maximal 2,50 Euro.Die Rechtslage: Unternehmen dürfen nur die Kosten einer Mahnung vom Verbraucher verlangen, die auch tatsächlich entstanden sind. Das sind allerdings nur die Ausgaben für Papier, Druck und Porto. Allgemeine Personal- und Verwaltungskosten dürfen dagegen nicht berechnet werden. Viele Gerichte haben sich bereits mit der Höhe solcher Mahnkosten befasst und bisher für ein einzelnes Mahnschreiben lediglich Gebühren bis 2,50 Euro anerkannt.

Haustürgeschäfte: Kennen Sie Ihre Rechte?

Ob Staubsauger, Kochtopfset oder Zeitschriftenabo: Kaum eine Ware wird nicht an der Haustür verkauft. Oft sind die Verkäufer so „überzeugend“, dass Dinge erworben werden, die man bei näherer Betrachtung gar nicht braucht. Wer sich dann ärgert, dass er sich hat überrumpeln lassen, sollte wissen: Das Gesetz gesteht dem Verbraucher für genau diese Fälle ein Widerrufsrecht zu. Die ARAG Experten erläutern, was Sie dabei beachten müssen.

 

Was ist ein „Haustürgeschäft“?
Ein Widerrufsrecht des Verbrauchers besteht laut Gesetz bei sogenannten „Haustürgeschäften“. Der typische Fall ist der, in dem der Verbraucher durch mündliche Verhandlung im Bereich seiner Privatwohnung zum Vertragsschluss verleitet wurde. Darüber hinaus ist eine Haustürsituation – und damit die Möglichkeit eines Widerrufs – aber auch in folgenden Fällen gegeben:
Der Vertragsschluss fand am Arbeitsplatz des Verbrauchers statt.
Der Verbraucher hat an einer Freizeitveranstaltung teilgenommen, die (auch) im Interesse des Unternehmers stattfand. Das kann die Kaffee- oder Butterfahrt, aber auch die kostenlose Weinprobe oder der Tag der offenen Tür im Fitnessstudio sein.
Auch Verträge, die in öffentlichen Verkehrsmitteln oder auf öffentlichen Verkehrsflächen – etwa in der Fußgängerzone – geschlossen wurden, fallen darunter.
All diese Situationen haben eins gemeinsam: Der Verbraucher muss an diesen Orten – anders als im normalen Geschäftslokal – nicht mit einem Vertragsschluss rechnen. Für ihn besteht deshalb eine besonders hohe Gefahr der Überrumpelung und der unüberlegten Eingehung von Verträgen. Bestes Beispiel ist die Kaffeefahrt, auf der die Teilnehmer in Freizeitstimmung sind und sich dann einem verlockenden Angebot nur schwer entziehen können, zumal wenn andere Teilnehmer ebenfalls „zuschlagen“. Hier will der Gesetzgeber den Verbraucher vor unüberlegten Vertragsschlüssen schützen.

Widerrufsrecht des Verbrauchers
Das Gesetz weicht deshalb bei Haustürgeschäften von dem Grundsatz „Pacta sunt servanda“ (Eingegangene Verträge sind einzuhalten) ab. Der Verbraucher kann seine dort abgegebene Willenserklärung ohne Angabe von Gründen innerhalb von 14 Tagen widerrufen. Für den Fristbeginn kommt es auf eine ordnungsgemäße Belehrung des Verbrauchers über sein Widerrufsrecht durch den Unternehmer an. Diese muss in Textform erfolgen und den Namen und die Adresse des Widerrufsempfängers enthalten. Zudem muss in der Belehrung der Hinweis enthalten sein, dass zur Wahrung der Frist die rechtzeitige Absendung des Widerrufs in Textform ohne Begründung bzw. die Rücksendung der Ware genügt. Auch muss ein Hinweis auf den Fristbeginn und die Rechtsfolgen des Widerrufs erfolgen. Der Unternehmer kann den Verbraucher aber auch nach Vertragsschluss ordnungsgemäß belehren. In diesem Fall verlängert sich die Widerrufsfrist auf einen vollen Monat. Erfolgt gar keine bzw. keine ordnungsgemäße Belehrung, so kann der Verbraucher den Vertrag zeitlich unbegrenzt widerrufen.

Praxistipp
Auch wenn laut Gesetz der Widerruf durch die bloße Rücksendung der Ware erfolgen kann, empfiehlt es sich aus Nachweisgründen, zusätzlich zur Rücksendung per Post, E-Mail oder Fax zu widerrufen. Ganz auf Nummer sicher geht man, wenn der Widerruf per Einschreiben versandt wird.

Ausnahmen vom Widerrufsrecht
Das Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften gilt allerdings nicht grenzenlos. Das Gesetz macht eine Ausnahme bei Versicherungsverträgen und für den Fall, dass eine vorhergehende Bestellung des Verbrauchers zu den Vertragsverhandlungen geführt hat. Ferner gilt es nicht, wenn die Leistung bei Abschluss der Verhandlungen sofort erbracht und bezahlt wird und das Entgelt 40 Euro nicht übersteigt. Darüber hinaus ist es auch für Fälle ausgeschlossen, in denen die Willenserklärung des Verbrauchers notariell beurkundet wurde. Der Abschluss von Vereinsmitgliedschaften kann ebenfalls nicht als Haustürgeschäft widerrufen werden. Und schließlich gibt es auch bei Verträgen, die auf Verbrauchermessen eingegangen wurden, entgegen der landläufigen Meinung kein Widerrufsrecht. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass sie vom Verbraucher nicht wegen des Freizeitwerts, sondern wegen des Warenangebots besucht werden, weshalb die typische Überrumpelungssituation bei ihnen nicht vorliegt.

Leistungsbeurteilung im Zeugnis

Bundesarbeitsgericht Urteil vom 18. November 2014 - 9 AZR 584/13 –

 

Bescheinigt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Zeugnis unter Verwendung der Zufriedenheitsskala, die ihm übertragenen Aufgaben „zur vollen Zufriedenheit“ erfüllt zu haben, erteilt er in Anlehnung an das Schulnotensystem die Note „befriedigend“. Beansprucht der Arbeitnehmer eine bessere Schlussbeurteilung, muss er im Zeugnisrechtsstreit entsprechende Leistungen vortragen und gegebenenfalls beweisen. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn in der einschlägigen Branche überwiegend gute („stets zur vollen Zufriedenheit“) oder sehr gute („stets zur vollsten Zufriedenheit“) Endnoten vergeben werden. Die Klägerin war vom 1. Juli 2010 bis zum 30. Juni 2011 in der Zahnarztpraxis der Beklagten im Empfangsbereich und als Bürofachkraft beschäftigt. Zu ihren Aufgaben gehörten u.a. die Praxisorganisation, Betreuung der Patienten, Terminvergabe, Führung und Verwaltung der Patientenkartei, Ausfertigung von Rechnungen und Aufstellung der Dienst- und Urlaubspläne. Darüber hinaus half die Klägerin bei der Erstellung des Praxisqualitätsmanagements. Die Beklagte erteilte ihr nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Arbeitszeugnis. Die Parteien streiten noch darüber, ob die Leistungen der Klägerin mit „zur vollen Zufriedenheit“ oder mit „stets zur vollen Zufriedenheit“ zu bewerten sind. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben und angenommen, die Beklagte habe nicht dargelegt, dass die von der Klägerin beanspruchte Beurteilung nicht zutreffend sei.

 

Die Revision der Beklagten hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Die vom Landesarbeitsgericht zur Ermittlung einer durchschnittlichen Bewertung herangezogenen Studien, nach denen fast 90 % der untersuchten Zeugnisse die Schlussnoten „gut“ oder „sehr gut“ aufweisen sollen, führen nicht zu einer anderen Verteilung der Darlegungs- und Beweislast. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommt es für die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast nicht auf die in der Praxis am häufigsten vergebenen Noten an. Ansatzpunkt ist die Note „befriedigend“ als mittlere Note der Zufriedenheitsskala. Begehrt der Arbeitnehmer eine Benotung im oberen Bereich der Skala, muss er darlegen, dass er den Anforderungen gut oder sehr gut gerecht geworden ist. Im Übrigen lassen sich den Studien Tatsachen, die den Schluss darauf zulassen, dass neun von zehn Arbeitnehmern gute oder sehr gute Leistungen erbringen, nicht entnehmen. Damit kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch Gefälligkeitszeugnisse in die Untersuchungen eingegangen sind, die dem Wahrheitsgebot des Zeugnisrechts nicht entsprechen. Der Zeugnisanspruch nach § 109 Abs. 1 Satz 3 GewO richtet sich auf ein inhaltlich „wahres“ Zeugnis. Das umfasst auch die Schlussnote. Ein Zeugnis muss auch nur im Rahmen der Wahrheit wohlwollend sein. Der Neunte Senat hat die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Dieses wird als Tatsacheninstanz zu prüfen haben, ob die von der Klägerin vorgetragenen Leistungen eine Beurteilung im oberen Bereich der Zufriedenheitsskala rechtfertigen und ob die Beklagte hiergegen beachtliche Einwände vorbringt.

 

Neuregelung der Prozesskosten- und Beratungshilfe

Arm und rechtlos? Auch wer kein oder nur ein geringes Einkommen hat, kann sich von einem Anwalt beraten und in einem Prozess vertreten lassen. Möglich ist dies durch die Beantragung eines Beratungshilfescheins oder von Prozesskostenhilfe (PKH). Näheres wissen ARAG Experten.

 

Was ist Beratungshilfe?

 

Sie ist im Beratungshilfegesetz (BerHG) geregelt und umfasst die komplette anwaltliche außergerichtliche Regelung von Streitfällen, insbesondere die Beratung, Vertretung und Durchführung des Schriftverkehrs. Erfasst werden Angelegenheiten des Sozial-, Verfassungs-, Verwaltungs- und des Zivilrechts (einschließlich des Arbeitsrechts). In Angelegenheit des Ordnungswidrigkeiten- und Strafrechts wird nur eine anwaltliche Beratung – keine Vertretung – gewährt. In Berlin besteht die Wahl zwischen einer öffentlichen Rechtsberatung und der Beratungshilfe. In Bremen und Hamburg tritt die öffentliche Rechtsberatung an die Stelle der Beratungshilfe. In den anderen Bundesländern kann der Beratungshilfeschein beim zuständigen Amtsgericht am Wohnsitz auf der Rechtsantragsstelle beantragt werden. Man kann auch gleich zum Rechtsanwalt gehen und durch diesen den Antrag nachträglich stellen lassen. Aber Vorsicht: Wird der Antrag vom Amtsgericht dann abgelehnt, müssen die Rechtsanwaltskosten zumeist selbst getragen werden. Daher sollte man den Beratungshilfeschein immer vor dem Anwaltsbesuch beantragen. Wird ein Beratungshilfeschein ausgestellt, rechnet der Rechtsanwalt seine Gebühren über den Schein direkt mit dem Gericht ab. Der Ratsuchende zahlt dem Rechtsanwalt nur eine Beratungshilfegebühr in Höhe von 15 Euro. Diese kann vom Rechtsanwalt auch erlassen werden.

 

Was ist Prozesskostenhilfe?

 

Im Unterschied zum Beratungshilfeschein erfasst sie die Übernahme von Kosten im gerichtlichen Verfahren. Durch die Bewilligung der PKH wird die Partei von der Zahlung der Gerichts- und Rechtsanwaltskosten befreit. Soweit jedoch die Partei dazu in der Lage ist, muss sie sich an den Kosten des Prozesses beteiligen. Hierzu kann das Gericht festlegen, welche monatlichen Raten an die Gerichtskasse zu zahlen sind. Maximal sind 48 Monatsraten (= 4 Jahre) zurückzuzahlen. Auch kommt eine Rückzahlung in Betracht, wenn sich die finanzielle Situation zukünftig verbessert. Laut einer zum 1.1.2014 in Kraft getretenen Gesetzesänderung ist der Antragsteller bis zum Ablauf von vier Jahren nach Verfahrensbeendigung verpflichtet, dem Gericht jede Verbesserung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse mitzuteilen. Kommt er dem nicht nach, kann die Bewilligung der PKH nachträglich wieder aufgehoben werden! Nicht von PKH erfasst werden übrigens die Rechtsanwaltskosten der Gegenpartei, erläutern ARAG Experten. Wer den Prozess verliert, muss daher in der Regel die Kosten des Gegners erstatten, selbst wenn ihm Prozesskostenhilfe bewilligt worden war. Der Antrag auf PKH ist beim zuständigen Prozessgericht schriftlich zu stellen oder vor der Geschäftsstelle zu Protokoll zu erklären. In dem Antrag müssen die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dargestellt und die Beweismittel angegeben werden.

 

Wer hat Anspruch?

 

Für beide Institute gelten die gleichen Voraussetzungen, unter welchen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen eine Bewilligung erfolgen kann. Sie wird nur bedürftigen Antragstellern gewährt, deren Einkommen bestimmte individuelle Einkommensgrenzen nicht überschreitet. Generell lässt sich sagen, dass sich die Prozesskostenhilfe an der Höhe des Nettoeinkommens unter Berücksichtigung der Zahl der unterhaltsberechtigten Personen und der monatlichen Wohn- und Heizungskosten bemisst. Seit einer Änderung der PKH-Vorschriften zum 1.1.2014 erhält der Antragsteller ratenfreie Prozesskostenhilfe, wenn sich nach allen Abzügen eine monatliche Rate von weniger als 10 Euro ergibt.

 

Folgende Abzüge werden bei der Berechnung der Raten berücksichtigt:

 

Steuern, Vorsorgeaufwendungen, Werbungskosten

 

Bei Erwerbstätigen ein Erwerbsfreibetrag (derzeit 201 Euro)

 

Freibeträge für die Partei und Lebenspartner/ Ehegatten (derzeit 442 Euro pro Person)

 

Freibeträge für weitere unterhaltsberechtigte Personen (z.B. Kinder – derzeit 257 Euro pro Kind)

 

Wohnkosten einschließlich Heizung – sofern hier kein auffälliges Missverhältnis besteht

 

Weitere Beträge, soweit dies mit Rücksicht auf besondere Belastungen angemessen ist

 

Den Anträgen muss die „Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse“ beigefügt werden. Das Einheitsformular des Bundesjustizministeriums für beide Verfahren kann unter folgender Internetadresse heruntergeladen werden: www.justiz.de/formulare/zwi_bund/zp1a.pdf

 

Zur Antragstellung sind die erforderlichen Unterlagen in Original mitzubringen, damit die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auch glaubhaft gemacht werden können. Wer eine Rechtsschutzversicherung besitzt, hat keinen Anspruch auf Beratungshilfe bzw. PKH: In diesem Fall nämlich kommt die Rechtsschutzversicherung für die Kosten auf, wenn die Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig ist.

Der teure Samariter - Urheberrechtsverletzung und die Rechnung vom "helfenden" Anwalt

Viele Verbraucher fühlen sich von den Rechteinhabern bzw. von deren Anwälten aufgrund von Urheberrechtsverletzung massiv unter Druck gesetzt. Das wohl auch nicht ganz zu unrecht. Das Herunterladen von Dateien bzw. das Wiederzurverfügungstellen aus dem Internet über Tauschbörsen stellt einen Verstoß gegen das Urheberrechtsgesetz dar. Die Abmahnungen fußen also auf einer gesetzlichen Grundlage. Daher sollte auf das Schreiben der Gegenseite auch stets reagiert werden, um zeitraubende, kostenverursachende Konsequenzen zu verhindern. Sollte z. B. keine Unterlassungserklärung fristgemäß abgegeben werden, droht der Erlass einer einstweiligen Verfügung. Mindestens ein Dutzend Rechtsanwälte proklamieren über deren Internetpräsenzen, dass man auf diesem Gebiet tiefgehende Erfahrungen hätte und dem Verbraucher nunmehr helfen möchte. Häufig findet der Kontakt nur über das Telefon statt, so dass man sich von seinem Anwalt gar kein genaues Bild machen kann. Schlimmer noch, es werden Unterlagen zugeschickt, die nicht in einem persönlichen Beratungsgespräch erörtert werden können. Dies betrifft vor allem die Vollmacht und die dazugehörige Aufklärung über die Kosten.

Gerade in jüngster Zeit suchten Verbraucher die Beratungsstellen auf, weil sie hohe Rechnungen von ihren "helfenden" Anwälten bekommen hatten. So sollte ein Verbraucher rund € 1700,- an seinen Anwalt bezahlen, der die Kosten für die Urheberrechtsverletzung für einen Song von € 600,- auf € 200,- heruntergehandelt hatte. Insgesamt muss der Verbraucher also € 1900,- für eine Abmahnung zahlen, die ihn ursprünglich "nur" € 600,- gekostet hätte. Dies ist auch rechtlich zulässig, da bei Urheberrechtsverletzungen der Streitwert in der Regel sehr hoch ist und somit der Anwalt entsprechend hohe Gebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz verlangen kann.

Genau dies ist der Grund, warum die Verbraucherzentrale in diesen Fällen eine fundierte Rechtsberatung für € 45,- anbietet. Dem Verbraucher soll nämlich nicht nur rechtlich weitergeholfen werden, sondern es sollte auch wirtschaftlich sinnvoll sein.

Sucht der Verbraucher dennoch einen Rechtsanwalt wegen einer Urheberrechtsverletzung auf, sollte vorab immer über die Kosten gesprochen werden. Sonst kommt es, wie in dem geschilderten Fall, zu einer zweiten bösen Überraschung. 

Elternunterhalt – Haften Kinder für ihre Eltern?

Wenn die Eltern pflegebedürftig werden und eine Heimunterbringung ansteht, reicht das eigene Einkommen der Eltern häufig nicht aus, um die Kosten zu decken. Nach dem Gesetz können unter bestimmtenVoraussetzungen die Kinder zum Unterhalt für ihre Eltern herangezogen werden. Dies, so der Wilhelmshavener Fachanwalt für Familienrecht Caspar Blumenberg, Vizepräsident der Deutschen Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart, gilt aber nicht uneingeschränkt, wie zwei Entscheidungen des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg (OLG) vom 25.10.2012 zeigen. Im ersten Fall (Az. 14 UF 80/12) entschied der Senat, dass eine nachdrückliche und dabei herabwürdigende Kontaktverweigerung eine Unterhaltspflicht des Kindes entfallen lassen könne.

In diesem Falle hatte die Stadt Bremen über mehrere Jahre die Pflegekosten für einen Senioren übernommen, der schließlich Anfang des Jahres mit 89 Jahren verstarb. Rund 9.000,- Euro forderte die Stadt jetzt von dem Sohn des Verstorbenen zurück. Die Stadt sei in Vorlage getreten, der eigentliche Unterhaltsschuldner sei aber der Sohn. Der Sohn verweigerte die Zahlung. Der Vater habe nach der Scheidung der Eltern im Jahr 1971 jeden Kontakt nachdrücklich abgelehnt.

 

Der Senat gab dem Sohn recht, so Blumenberg:
Nach dem Gesetz könne im Falle schwerer Verfehlungen gegenüber dem Unterhaltsschuldner ein Anspruch auf Unterhalt entfallen, § 1611 BGB. Allerdings stelle nicht jeder Kontaktabbruch gleichzeitig eine solche schwere Verfehlung dar. Grundsätzlich bleibe die Unterhaltspflicht auch bestehen, wenn der persönliche Kontakt zwischen den Verwandten eingeschlafen sei oder man sich entfremdet habe. Im vorliegenden Falle sei der Kontaktabbruch aber besonders nachhaltig und kränkend gewesen. Der Vater habe alle Kontaktversuche seines Sohnes abgelehnt. Selbst bei der Beerdigung des Großvaters habe der Vater kein Wort mit seinem Sohn gewechselt. In seinem Testament habe der Vater verfügt, der Sohn solle nur den strengsten Pflichtteil erhalten, er habe mit ihm schließlich seit 27 Jahren keinen Kontakt.

Der Senat stellte fest, dass der Vater damit einen besonders groben Mangel an verwandtschaftlicher Gesinnung gezeigt und den Sohn damit besonders schwer getroffen habe. Der Vater habe offenkundig jegliche Beziehung persönlicher und wirtschaftlicher Art zu seinem Sohn abgelehnt und sich damit erkennbar aus dem Solidarverhältnis gelöst, das normalerweise zwischen Eltern und Kindern besteht. In einem solchen Falle müsse der Sohn keinen Unterhalt zahlen. Die Stadt Bremen könne daher auch keine auf sie übergegangenen Ansprüche des Vaters gegen den Sohn geltend machen.

 

Der zweite Fall, den der Senat zu entscheiden hatte (Az. 14 UF 82/12), lag anders, so Blumenberg:

Der Senat bestätigte einen Beschluss des Amtsgerichts Wilhelmshaven, wonach kein Anspruch auf Elternunterhalt besteht, wenn Rente, Pflegegeld und Zahlungen aus einer privaten Altersvorsorge grundsätzlich ausreichen würden, um den Bedarf der Eltern zu decken. Dies gelte auch, wenn diese Beträge den Eltern nicht vollständig zur Verfügung ständen, weil aufgrund von Versäumnissen in der Vergangenheit kein Anspruch auf Pflegegeld mehr bestehe und das private Vorsorgekapital vorzeitig verbraucht worden sei.

Das Sozialamt der Stadt Oldenburg verlangte von einem Gewerbetreibenden aus dem Bereich Wilhelmshaven Zahlungen für die Unterbringung der Mutter in einem Pflegeheim. Die psychisch erkrankte Mutter lebte seit 1995 in verschiedenen Einrichtungen. Anfangs war sie noch in geringem Umfang erwerbstätig und dadurch Mitglied in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Nach Beendigung der Tätigkeit wurde diese Mitgliedschaft nicht fortgesetzt. Ihren Lebensunterhalt bestritt sie aus dem nach der Scheidung gezahlten Ehegattenunterhalt. Teil des Unterhalts war auch ein Vorsorgebetrag für das Alter. Aus diesem hatte die Mutter ursprünglich eine Lebensversicherung auf Rentenbasis angespart und sollte hieraus im Alter eine Zusatzrente von 160,- Euro erhalten.

 

Nachdem die Mutter hilfebedürftig geworden war, hatte ihr das Sozialamt zunächst darlehensweise Hilfe zum Lebensunterhalt gewährt. Bei Fälligkeit der Rentenversicherung hatte das Sozialamt die Auszahlung des kapitalisierten Rentenbetrages veranlasst und mit dem Betrag die Rückzahlung der Darlehensraten an sich selbst bewirkt. Nach der Auszahlung des Kapitalisierungsbetrages stehen der Mutter aber jetzt keine monatlichen Zahlungen aus der Versicherung mehr zu. Der Senat entschied, dass die Tatsache, dass das Sozialamt den Kapitalbetrag vereinnahmt habe, nicht zu Lasten des unterhaltspflichtigen Sohnes gehen dürfe. Daher sei ein fiktiver Betrag von 160,- Euro vom Bedarf abzusetzen.

Das gleiche gelte für eigentlich gerechtfertigte Ansprüche auf ein Pflegegeld nach Pflegestufe 1 in Höhe von 1.023,- Euro. Da die Betreuerin und das bereits damals eingeschaltete Sozialamt es versäumt hatten, für eine Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes in der Krankenkasse sowie der Pflegeversicherung zu sorgen, erhält die Mutter heute kein Pflegegeld. Der Senat entschied, dass die Beendigung der Mitgliedschaft in der Pflegeversicherung nicht zu einer Schlechterstellung des unterhaltspflichtigen Sohnes führen dürfe. Auch das Pflegegeld von 1.023,- Euro sei als ohne die Versäumnisse erzielbares Einkommen vom Bedarf abzusetzen.

Was tun, wenn man erbt und der Nachlass vor allem Schulden sind?

Leider kann man nicht nur wertvolle Dinge erben, sondern auch Schulden. “Wenn man absolut sicher ist, dass der Nachlass überschuldet ist, sollte man das Erbe ausschlagen”, rät Dr. Hubertus Rohlfing, Fachanwalt für Erbrecht in Hamm, im Apothekenmagazin “Senioren Ratgeber”. Die Erklärung muss allerdings innerhalb von sechs Wochen beim Amtsgericht vorliegen. Doch Vorsicht: Dies rückgängig zu machen, ist nur selten möglich. Bei Zweifeln oder wenn Unklarheit über die Vermögensverhältnisse besteht, kommt man um fachanwaltliche Beratung kaum herum. Je nach Sachlage kann eine “Dürftigkeitseinrede” gegenüber Gläubigern nötig sein, eine “Nachlassinsolvenz” oder eine “Nachlassverwaltung” beim Amtsgericht. Eine verschleppte Nachlassinsolvenz ist sogar strafbewehrt. Erben kann also ziemlich gefährlich sein.

5 goldene Regeln fürs Vererben

Streit unter Erben? Kommt in den besten Familien vor. Und nicht nur dann, wenn es um astronomische Summen geht. Erblasser sollten deshalb schon zu Lebzeiten vorausschauend planen und sich bemühen, Konflikte zwischen den Erben zu vermeiden.

 

1. Machen Sie ein Testament

Ohne Testament tritt die gesetzliche Erbfolge ein, die nicht immer sinnvoll ist. Vielfach entstehen hierdurch Erbengemeinschaften, die zu bösem Blut unter den Familienangehörigen führen. Durch geschickte Testamentsgestaltung kann man dies vermeiden, etwa durch die Einsetzung eines Alleinerben. Auch Erbverträge sind eine Alternative. Sie bieten flexible Gestaltungsmöglichkeiten und somit die Chance auf eine einvernehmliche Einigung zu Lebzeiten des Erblassers.

 

2. Berücksichtigen Sie Pflichtteilsansprüche

Auch wenn ein Alleinerbe eingesetzt wird, steht den nächsten Verwandten ein Pflichtteil zu. Er beläuft sich auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Dies kann zu Problemen führen – zum Beispiel wenn das Erbe aus einer Immobilie besteht und der Alleinerbe die Pflichtteile nicht auszahlen kann. Diesem Fall beugen Erblasser vor, indem sie die gesetzlichen Erben etwa durch Schenkungen dazu bringen, auf ihren Pflichtteil zu verzichten. Der Verzicht muss notariell beglaubigt werden.

 

3. Schenken Sie zu Lebzeiten und nutzen Sie Freibeträge

Apropos Schenkungen: Mehr als jeder sechste Erblasser (17 Prozent) plant, bereits vor seinem Tod einen Teil seines Vermögens zu verschenken, so eine aktuelle Allensbach-Studie im Auftrag der Postbank. Und 13 Prozent beschäftigen sich mit Steuersparmöglichkeiten für ihre Erben. Nach geltendem Recht steht jedem Beschenkten alle zehn Jahre ein vom Verwandtschaftsgrad abhängiger steuerlicher Freibetrag zu. Doch schenken Sie nicht übereilt – die Geschenke lassen sich in der Regel nicht rückgängig machen.



4. Ordnen Sie mögliche Vermächtnisse an

Der Erblasser kann durch ein “Vermächtnis” einen konkreten Gegenstand aus der Erbmasse herauslösen und einer bestimmten Person vermachen. Dies kann auch eine Rente sein. Der Vorteil: Der Vermächtnisnehmer wird rechtlich nicht zum Erben. Daher haftet er nicht für die Schulden des Verstorbenen oder für andere Nachlassverbindlichkeiten. Wird ein Alleinerbe eingesetzt, können andere Angehörige also über ein Vermächtnis dennoch mit einem Anteil am Vermögen bedacht werden.

 

5. Sprechen Sie mit den Erben über Ihre Pläne

Laut Postbank Studie haben mehr als die Hälfte (55 Prozent) der potenziellen Erblasser noch nicht mit den möglichen Erben über ihren Nachlass oder das Testament gesprochen. Bei den Erblassern über 65 Jahren ist es noch jeder Dritte (32 Prozent). Ein klärendes Gespräch, in dem der zukünftige Erblasser seine Pläne und Motive gegenüber seinen Angehörigen erläutert, kann später Konflikte unter den Erben vermeiden.

Zentrales Testamentsregister ist Deutschen kaum bekannt

Das am 1. Januar 2012 neu eingeführte Zentrale Testamentsregister in Berlin ist in Deutschland kaum bekannt. So geben exakt drei Viertel der Wohnbevölkerung ab 16 Jahren in einer Erhebung der Postbank an, „gar nicht“ zu wissen, wie die neue Form der Testamentshinterlegung funktioniert. Nur vier von hundert Befragten kennen die Funktionsweise „ziemlich genau“, 17 Prozent glauben, dies „ungefähr“ zu wissen und vier Prozent der Befragten machten dazu keine Angaben. Seit Anfang 2012 führt die Bundesnotarkammer in Berlin das Register, damit Nachlassgerichte in Sterbefällen schneller Entscheidungen treffen können. Alle amtlich verwahrten Urkunden, die erbfolgerelevante Sachverhalte regeln, sind in Berlin zentral registriert. Die Registrierung erfolgt automatisch durch Notare, die Testamente beurkunden. Bei eigenhändigen Testamenten, die in amtliche Verwahrung gegeben werden, müssen die Amtsgerichte das Zentrale Testamentsregister informieren.

 

Auffallend ist in der Postbank-Erhebung, dass die Kenntnis der neuen Einrichtung stark mit Wohnort und Beruf der Befragten zusammenhängen. So stehen die Berliner mit sieben Prozent „ziemlich genauer“ Kenntnis bundesweit auf Platz 1. Das Schlusslicht bilden die Bayern. Von ihnen sagen nur drei Prozent, dass sie das Zentrale Testamentsregister „ziemlich genau“ kennen. Ebenso gibt es Unterschiede zwischen den Berufsgruppen: Während fast jeder zehnte Beamte das Zentrale Testamentsregister „ziemlich genau“ kennt, sind es bei den Angestellten nur vier Prozent.

 

Die Bundesnotarkammer hat eine gebührenfreie Informationshotline unter der Rufnummer 0800-3550700 für Anfragen an das Zentrale Testamentsregister eingerichtet. Interessenten erfahren hier unter anderem, wie auch eigenhändig gefertigte Testamente zentral registriert werden können. Denn laut Postbank-Erhebung hat jeder vierte Deutsche, der ein Testament hat, dies ohne Unterstützung durch einen Notar oder Anwalt gefertigt.

Vererbte Immobilie: Drohender Verlust durch Ausstieg des Miterben

Wenn ein Miterbe das Immobilieneigentum veräußern möchte oder auf die Auszahlung seines Erbanteils besteht, müssen Miterben ausbezahlen. Doch in dieser Situation verfügt nicht jeder über die erforderliche Liquidität. Ein Realkredit kann helfen, die Immobilie im Bestand zu halten.

 

Nicht immer sind sich Angehörige über den Umgang mit der geerbten Immobilie einig. Während der Bruder beispielsweise das Haus der Eltern behalten und selbst bewohnen möchte, hegt die Schwester Verkaufpläne, weil sie sich mit dem erzielten Erlös selbstständig machen möchte. Kommt keine Einigung zustande, verfügt Letztere über das Recht, sich aus der Erbengemeinschaft zu lösen und die Auszahlung ihres Anteils zu verlangen oder diesen zu verkaufen. Für so manchen Betroffenen stellt es eine große Herausforderung dar, wenn er die Hälfte des Immobilienwerts auszahlen muss. "Wer die erforderliche Summe nicht aufbringen kann, wird Schwierigkeiten haben, das Objekt zu halten. Wenn beide Parteien keine Einigung erzielen, kann der die Erbengemeinschaft verlassende Eigentümer jederzeit die Auseinandersetzung durch eine Zwangsversteigerung verlangen.", warnt Stephan Scharfenorth, Geschäftsführer des Baufinanzierungsportals Baufi24.de.

 

Mithilfe einer passenden Immobilienfinanzierung lässt sich das Problem bewältigen. Wer die Immobilie zu maximal sechzig Prozent des Beleihungswertes beleiht, kann einen Realkredit aufnehmen. "Solche Darlehen sind mit verschiedenen Vorteilen verbunden. Zum einen verlangen die Banken keine oder nur wenige Bonitätsnachweise und Angaben zur Vermögenssituation des Kreditnehmers, zum anderen sind Realkredite besonders zinsgünstig", erläutert Experte Scharfenorth.

Schrottimmobilien: BFH erkennt nachträgliche Schuldzinsen bei Einkünften aus Vermietung u. Verpachtung an

Mit Urteil vom 20. Juni 2012 IX R 67/10 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass Schuldzinsen für ein Darlehen, das ursprünglich zur Finanzierung von Anschaffungskosten einer zur Vermietung bestimmten Immobilie aufgenommen wurde, grundsätzlich auch dann noch als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden können, wenn das Gebäude veräußert wird, der Veräußerungserlös aber nicht ausreicht, um die Darlehensverbindlichkeit zu tilgen. "Diese Entscheidung hat damit auch Auswirkungen für Anleger die so genannte Schrottimmobilien gekauft und zwischenzeitlich mit Verlust verkauft haben", betont der Heidelberger Anlegeranwalt Mathias Nittel.

Der Kläger in dem vom BFH entschiedenen Fall hatte 1994 ein Wohngebäude erworben, dieses vermietet und hieraus Einkünfte erzielt. Im Jahr 2001 veräußerte er das Gebäude mit Verlust. Mit dem Veräußerungserlös konnten die bei der Anschaffung des Gebäudes aufgenommenen Darlehen nicht vollständig abgelöst werden; dadurch musste der Kläger auch im Streitjahr 2004 noch Schuldzinsen auf die ursprünglich aufgenommenen Verbindlichkeiten aufwenden. Das Finanzamt erkannte die vom Kläger im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung für 2004 geltend gemachten "nachträglichen Schuldzinsen" nicht als Werbungskosten an. Der BFH gab dem Kläger Recht. Die geltend gemachten Schuldzinsen seien zu Unrecht nicht bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt worden.

Für die Opfer von Schrottimmobilien bedeutet dies, dass sie auch nach einem verlustbringenden Verkauf der Wohnung die auf das verbliebene Restdarlehen gezahlten Zinsen steuermindernd in Ansatz bringen können. Anwalt Nittel: "Damit werden die Spätfolgen der Schrottimmobilie wenigstens ein wenig gelindert."

Ausbildungsunterhalt: Wann Eltern nicht für Ausbildung oder Studium zahlen müssen

Eltern müssen zwar für ihre Kinder eine Ausbildung oder das Studium finanzieren – aber nicht in jedem Fall und vor allem nicht ewig. Lassen sich die Kinder zu viel Zeit oder merken sie nach der ersten Ausbildung, dass sie doch lieber eine Ausbildung oder ein Studium in einer anderen Branche machen möchten, müssen Eltern in der Regel nicht mehr für den Unterhalt des Kindes aufkommen, so Finanztest in der aktuellen Mai-Ausgabe.

 

Ein 27-Jähriger, der nach der Schule erst ein Jahr jobbte, dann Zivildienst machte, anschließend noch ein Jahr jobbte und dann das Abitur nachholte – dem müssen die Eltern das Studium nicht mehr finanzieren. Aus dem Ausbildungsunterhalt raus sind auch Eltern, deren Kinder einige Jahre nach einer finanzierten ersten Ausbildung noch studieren wollen. Denn wenn die Kinder finanziell schon auf eigenen Beinen standen, müssen sie das spätere Studium selber finanzieren.

 

In der Regel müssen Eltern die erste Ausbildung oder bei Abiturienten das Studium finanzieren. Schließen Kinder nach dem Bachelor-Abschluss zügig ein Master-Studium an, müssen Eltern auch für das Master-Studium aufkommen. Wie tief Eltern in die Tasche greifen müssen, hängt von ihrem Einkommen und ihrer Lebenssituation ab. Als Richtwert gelten 670 Euro monatlich für Studenten, die nicht bei den Eltern wohnen. Doch Vater und Mutter steht ein Mindestselbstbehalt von jeweils 1150 Euro zu. Dazu kommen Aufschläge für berufsbedingte Kosten wie etwa Fahrten zur Arbeit, für Altersvorsorge, Kreditraten und Kosten für weitere Kinder, so dass der Selbstbehalt um mehrere hundert Euro höher liegen kann.

 

Eltern haben aber nicht nur eine Unterhaltsverpflichtung, sie können auch von ihren Kindern detaillierte Informationen darüber verlangen, welche Kurse, welche Prüfungen, welche Praktika sie machen. Eine Sozialpädagogik-Studentin im neunten Semester hatte dazu keine Lust – mit Folgen: Das Oberlandesgericht strich ihr den Unterhalt. 

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