Umfrage: Großstädter genervt von eScootern

 

Erst seit Juni rollen sie auf deutschen Straßen – und schon jetzt dreht eine Mehrheit der Großstädter wegen ihnen buchstäblich am Rad: E-Scooter, die den Verkehr umweltfreundlich entlasten und als Zeichen moderner Mobilität gelten sollten, sorgen täglich für neue Schlagzeilen und erhitzen die Gemüter. Das belegt eine im Auftrag von ROLAND Rechtsschutz durchgeführte repräsentative Civey-Umfrage in sechs deutschen Großstädten (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt a.M., Hamburg, Köln, München).

 

Beliebt bei Studenten und Arbeitssuchenden

 

Von der Haltestelle ins Büro, vom Hörsaal zur Mensa oder von Zuhause schnell zum Shoppen in die Stadt: Immer mehr Menschen wählen E-Scooter, um im Großstadt-Dschungel von A nach B zu kommen. Mehr als jeder Fünfte (20,4 Prozent) ist bereits mindestens einmal mit einem Elektro-Tretroller durch die Stadt gecruised. Die größten Fans sind erwartungsgemäß unter den 18- bis 29-Jährigen zu finden: Hier hat knapp jeder Zweite (48,1 Prozent) das neue Verkehrsmittel bereits ausprobiert. Doch auch ältere Befragte zeigen sich experimentierfreudig. Mehr als jeder Zehnte der 50- bis 64-Jährigen hat die E-Roller bereits ausprobiert. Bei den über 65-Jährigen sind es immerhin noch acht Prozent.

 

Betrachtet man den Beschäftigungsstatus, so zeigt sich, dass E-Scooter besonders bei Studenten und Arbeitssuchenden beliebt sind: 20 Prozent der Nicht-Erwerbstätigen nutzt sie regelmäßig. Von den Studenten fährt mehr als jeder Sechste (17,3 Prozent) regelmäßig, jeder Fünfte (20 Prozent) zumindest ab und an.

 

Frauen geraten häufiger in Konflikte, wenn sie E-Scooter nutzen

 

Gerade in den Innenstädten gehören vorbeirauschende E-Scooter und kopfschüttelnde Passanten inzwischen zum Stadtbild. Doch wie oft kommt es tatsächlich zu Auseinandersetzungen aufgrund von E-Scootern? Laut der von ROLAND Rechtsschutz initiierten Umfrage hat sich mehr als jeder sechste E-Scooter-Fahrer (17,3 Prozent) durch eine Elektroroller-Fahrt schon einmal Ärger eingeheimst: Entweder mit anderen Verkehrsteilnehmern (9,2 Prozent), mit der Polizei (4,3 Prozent), mit anderen E-Scooter-Fahrern (2,1 Prozent) oder dem E-Scooter-Verleih (2 Prozent). Frauen (22,5 Prozent) geraten dabei deutlich häufiger in Konflikte als Männer (14,2). Alterstechnisch ist die Gruppe der 30- bis 39-Jährigen die streitanfälligste: Über 15 Prozent hatten während der Nutzung von E-Scootern schon Auseinandersetzungen mit anderen Verkehrsteilnehmern, in allen anderen Altersgruppen lag der Wert unter 10 Prozent.

 

Jeder Zweite ärgert sich über E-Scooter-Fahrer

 

Auch wer die Roller selbst nicht nutzt, kommt unweigerlich an diesem Trend nicht vorbei. Mehr als die Hälfte der Befragten (51,5 Prozent) hat sich als Passant schon einmal über einen E-Scooter-Fahrer geärgert. Nur in der jüngsten Befragungsgruppe der 18- bis 29-Jährigen waren es deutlich weniger: Hier hat sich nur jede Dritte schon mal geärgert (34,6). Frauen (52,1 Prozent) ärgern sich unwesentlich häufiger als Männer (50,9 Prozent).

 

Hauptgrund des Ärgernisses: Fahrer respektieren die Verkehrsregeln nicht (41,3 Prozent). Am zweithäufigsten nervt es die Passanten, dass die E-Scooter überall geparkt werden (25,5 Prozent). Außerdem kritisiert mehr als jeder zehnte Befragte, dass die Roller nicht umweltfreundlich (11,9 Prozent) und allgemein gefährlich (11,3 Prozent) sind.

 

Junge Menschen häufiger in Unfälle mit E-Scootern verwickelt

 

Ärger über rücksichtsloses Verhalten ist die eine Sache. Doch wie häufig kommt es tatsächlich zu Verkehrsunfällen? Von allen Befragten antworteten etwa sieben Prozent, dass sie entweder als Fußgänger (4,3 Prozent), Autofahrer (1,1 Prozent), E-Scooter-Fahrer (1,0 Prozent) oder Fahrradfahrer (0,9 Prozent) bereits in einen Unfall mit E-Scootern verwickelt waren. Unter den jüngeren Befragten steigt diese Zahl deutlich: Mehr als jeder Sechste (17,2 Prozent) der 18- bis 29-Jährigen hatte schon einen Unfall mit E-Scooter-Beteiligung. Am häufigsten als Fußgänger (8 Prozent) oder als E-Scooter-Fahrer (4,3 Prozent).

 

Die Umfrage zeigt: E-Scooter sind in Großstädten auf dem Vormarsch, bergen allerdings auch großes Konfliktpotenzial. Neben einer obligatorischen Haftpflichtversicherung kann eine Verkehrs-Rechtsschutz-Versicherung helfen, wenn es nach einem Unfall zu juristischen Streitigkeiten kommt, zum Beispiel wegen der Schuldfrage.

 

E-Scooter mieten Circ, Lime, Tier und Voi im Check

 

Bei einem Schnelltest von E-Scootern vier verschiedener Anbieter überzeugten die Fahreigenschaften von einem Roller noch am meisten, so die Stiftung Warentest. Insgesamt zeigte sich: Die Preise für Fahrten mit Miet-E-Scootern sind hoch und ihr Beitrag zu einem sauberen Stadtverkehr ist bisher überschaubar. Außerdem sammeln die Apps mehr Daten als notwendig.

 

Das Cruisen auf ebenem Untergrund macht mit allen vier getesteten Modellen Spaß, doch sobald man über Kanten, Kopfsteinpflaster oder Huckel fährt, ist der Fahrspaß vorbei. Auch das Abbiegen erwies sich als gefährliche Angelegenheit, die Scooter sind für Handzeichen und einhändiges Fahren viel zu wackelig. Die Fahreigenschaften des Tier-Rollers überzeugten noch am meisten. Obwohl sie erst seit einigen Wochen durch die Straßen sausen, sahen mehrere Scooter bereits mitgenommen aus. Mal war die Klingel kaputt, mal der Lenker verzogen, mal funktionierten die Bremsen nicht ordentlich. Oft waren die Rahmen lädiert.

 

Die oft ruckelige Fahrt mit dem E-Scooter wird selbst bei kurzen Strecken richtig teuer. Zu einer Entsperrungsgebühr von einem Euro kommen bei allen Anbietern im Test Minutenpreise zwischen 15 und 25 Cent. Der Anbieter mit dem höchsten Preis ist Lime. Stundenpakete bietet derzeit nur Circ an, zum Beispiel zwei Stunden für 9 Euro, bei Lime würde das bis zu 31 Euro kosten.

 

Da jede Nacht deutschlandweit Tausende E-Scooter oft von Transportern eingesammelt werden, an zentraler Stelle geladen und gewartet und dann frühmorgens wieder auf die Straße gebracht werden, enttäuschen die Miet-Scooter Hoffnungen auf ein umweltfreundliches Verkehrsmittel bisher noch.

 

Auf eine Abmahnung der Verbraucherzentralen wegen unzulässiger Klauseln in den Nutzungsbedingungen haben die Verleih-Anbieter inzwischen reagiert. Einige hatten zum Beispiel die Wartung und Inspektion bisher vollständig auf ihre Kunden abgewälzt. Der Schnelltest E-Scooter mieten ist unter www.test.de/escooter-mieten abrufbar.

 

 

E-Scooter: Gravierende Lücken im Kleingedruckten

 

Zahlreiche rechtswidrige Klauseln in den Nutzungsbedingungen

 

vzbv mahnt fünf E-Scooter-Verleiher wegen insgesamt 85 unzulässigen Klauseln in den Nutzungsbedingungen ab.

Anbieter versuchen, Risiken und Verantwortung auf die Nutzer abzuwälzen.

Kunden sollen unter anderem für Schäden aufkommen, die sie nicht verursacht haben.

Anbieter von E-Scootern versuchen auf rechtlich kritische Weise, Risiken und Verantwortung auf ihre Kunden abzuwälzen. Das ergab eine aktuelle Überprüfung der Nutzungsbedingungen von fünf großen Verleihfirmen durch den Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Der vzbv hat bei allen Anbietern zum Teil gravierende Verstöße wie unzulässige Haftungsregelungen und die Abwälzung von Wartungs- und Inspektionspflichten auf die Kunden festgestellt. Die vzbv hat die Firmen inzwischen abgemahnt.

 

„Die Anbieter von E-Scootern haben verbraucherfeindliche Nutzungsbedingungen formuliert. So sollen Kunden mitunter für Schäden aufkommen, die sie nicht verschuldet haben“, sagt Kerstin Hoppe, Rechtsreferentin beim vzbv. „Zudem lehnen die Anbieter oft jede Verantwortung für den Zustand der E-Roller ab und wollen nicht einmal garantieren, dass der Vermietungsservice funktioniert.“

 

Nach Überprüfung der Nutzungsbedingungen hat der vzbv fünf Verleihfirmen abgemahnt, die seit kurzem in deutschen Städten aktiv sind: JUMP Bicycles GmbH, LMTS Germany GmbH (Circ), Neutron Holdings (Lime), TIER Mobility GmbH und VOI Technology Switzerland AG. Die Bilanz ist für die junge Branche wenig schmeichelhaft: Insgesamt 85 Klauseln sind nach Auffassung des vzbv unzulässig.

 

Kunden zur umfassenden Inspektion verpflichtet

 

Kunden werden nach Ansicht des vzbv vor allem durch die Haftungsregelungen benachteiligt. Wer einen E-Scooter „auf eigene Gefahr“ mietet, hafte bei kundenfeindlichster Auslegung unabhängig von seinem Verschulden für nahezu alle Schäden, die etwa durch Unfall oder Diebstahl entstehen.

 

Die Anbieter garantieren teilweise weder einen verkehrssicheren Zustand der Roller noch funktionierende Akkus. Einige wälzen ihre Pflicht zur regelmäßigen Wartung und Inspektion sogar vollständig auf die Kunden ab und verpflichten diese vor jedem Fahrtantritt, unter anderem Bremsen, Beleuchtung, Räder, Rahmen und Akkus sorgfältig auf etwaige Mängel zu überprüfen. Dabei können Verbraucher die geforderte Inspektion in der Regel gar nicht fachgerecht ausführen.

 

„Der vzbv befürwortet Mobilitätsinnovationen wie die E-Tretroller. Sie machen das Angebot für Verbraucher vielfältiger und können einen Beitrag zur Verkehrswende leisten. Die Anbieter sollten aber alles dafür tun, die Nutzung von E-Tretrollern so sicher, umwelt- und kundenfreundlich wie möglich zu machen“, sagt Marion Jungbluth, Teamleiterin Mobilität und Reisen im vzbv.

 

Keine Leistungsgarantien

 

Kritisch sieht der vzbv auch, dass die Unternehmen keine Gewähr dafür übernehmen, dass ihr Vermietungsservice überhaupt verfügbar ist. Eine typische Formulierung: „VOI liefert die Dienstleistungen, ohne diesbezüglich irgendeine Art von Garantie zu geben“, so Jungbluth. Mehrere Anbieter behalten sich vor, den Service jederzeit einschränken oder einstellen zu können und die Mietbedingungen kurzfristig ohne Rücksicht auf die Interessen der Nutzer zu ändern.

 

Circ hat die geforderte Unterlassungserklärung bereits abgegeben. Die Firma Tier hat ihre Bedingungen geändert. Andere Anbieter haben signalisiert, dass sie ihre Klauseln ändern und die geforderte Unterlassungserklärung abgeben wollen. Tun sie das nicht, wird der vzbv Klage vor Gericht erheben.

 

Viele Tücken im Kleingedruckten

 

In den Nutzungsbedingungen gibt es zahlreiche weitere Klauseln, die nach Auffassung des vzbv rechtswidrig sind. Einige Beispiele:

 

Vom Zahlungskonto dürfen alle Kosten eingezogen werden, die nach Ansicht des Verleihers vom Kunden verursacht wurden -– darunter auch Forderungen von Dritten. Anbieter behalten sich vor, Nutzern schon nach geringfügigem Zahlungsrückstand den Zugang zum Mietservice zu sperren oder jederzeit ohne Angabe von Gründen zu kündigen.

Mitunter sollen Kunden völlig überzogene Strafgebühren zahlen, wenn sie das Fahrzeug falsch abstellen oder nicht korrekt abmelden.

Mietgebühren werden grundsätzlich nicht erstattet oder nur, wenn der Kunde kurzfristig reklamiert - selbst wenn der Kunde die Fahrt nicht antreten konnte, weil der Roller defekt oder der Akku leer war.

Persönliche Daten können ohne die erforderliche Zustimmung des Kunden zum Beispiel für Werbezwecke genutzt werden.

 

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