Analyse: Stromnetzgebühren steigen um 25 Prozent

 

Haushalte müssen in diesem Jahr deutlich höhere Netzgebühren für Strom bezahlen als erwartet. Der Grund ist der Wegfall des staatlichen Zuschusses von 5,5 Milliarden Euro zu den Übertragungsnetzentgelten. Die Folge ist ein Anstieg der Stromnetzentgelte für private Kunden um rund 25 Prozent. Ein Drei-Personen-Haushalt mit einem Stromverbrauch von 4.000 Kilowattstunden (kWh) muss durchschnittlich 103 Euro brutto mehr bezahlen als im letzten Jahr. Das ist das Ergebnis einer Analyse des Vergleichsportals Verivox auf Basis der Netzbetreiber-Daten für über 90 Prozent aller Haushalte in Deutschland.

 

Netzentgelte legen noch einmal stark zu

 

Bereits im Oktober 2023 hatten die Verteilnetzbetreiber ihre vorläufigen Stromnetzgebühren für 2024 veröffentlicht. Auf Basis dieser Daten zeichnete sich ein Anstieg um durchschnittlich 11 Prozent ab, was für einen Drei-Personen-Haushalt Mehrkosten von rund 48 Euro bedeutet hätte.

 

Diese Erhöhungen standen unter dem Vorbehalt, dass die Bundesregierung die Kosten der den Verteilnetzen vorgelagerten Übertragungsnetzen mit 5,5 Milliarden Euro bezuschusst. Im Zuge der Haushaltskrise wurde dieser Zuschuss jedoch gestrichen, weshalb die Übertragungsnetzbetreiber ihre Netzgebühren für 2024 mehr als verdoppelten. Die Verteilnetzbetreiber geben diese höheren Kosten nun an die Haushalte weiter.

 

Bisher wurden für mehr als 90 Prozent aller Haushalte in Deutschland die erhöhten Stromnetzgebühren veröffentlicht. Sie steigen um weitere 12 Prozent, was bei einem Jahresverbrauch von 4.000 kWh eine zusätzliche Belastung von 55 Euro brutto bedeutet. Insgesamt beträgt der Anstieg von 2023 auf 2024 also rund 25 Prozent oder 103 Euro brutto.

 

"Durch den Wegfall der Subventionen der Übertragungsnetzentgelte beobachten wir in diesem Jahr einen Rekord-Anstieg bei den Netzentgelten. Angesichts des hohen Investitionsbedarfs in den Umbau der Energieinfrastruktur rechnen wir auch in den kommenden Jahren mit weiter steigenden Stromnetzentgelten für Haushalte in Deutschland", sagt Thorsten Storck, Energieexperte bei Verivox.

 

Stärkster Anstieg in Baden-Württemberg und NRW, geringste Mehrkosten in Mecklenburg-Vorpommern

 

Die Netzgebühren steigen nicht überall gleich. Vor allem Verbraucher in Baden-Württemberg und NRW müssen mit hohen Zusatzkosten rechnen. Eine Musterfamilie wird hier jeweils mit 122 Euro brutto mehr belastet. Auch in Bayern (+120 Euro), Rheinland-Pfalz und im Saarland (jeweils +117 Euro) steigen die Netzgebühren stark. Am geringsten ist der Anstieg in Mecklenburg-Vorpommern (+40 Euro) sowie in Brandenburg (+43 Euro). Allerdings liegen die Netzentgelte hier auch schon auf einem vergleichsweise hohen Niveau.

 

Anbieterwechsel gleicht Mehrkosten um ein Vielfaches aus

 

Ob die höheren Stromnetzgebühren auch für steigende Strompreise sorgen, hängt vom jeweiligen Stromversorger ab. Derzeit sind die Preisunterschiede zwischen den Tarifen so groß wie nie. Eine Musterfamilie zahlt im örtlichen Grundversorgungstarif durchschnittlich 1.758 Euro im Jahr für Strom. Im günstigsten Tarif mit Preisgarantie sind es nur 1.028 Euro - ein Sparpotenzial von 730 Euro.

 

Methodik

Verivox hat die im Jahr 2023 gültigen Stromnetzentgelte für Haushalte ausgewertet und mit den bisher veröffentlichten endgültigen Netzentgelten für 2024 verglichen. Die Durchschnittswerte wurden durch eine Gewichtung nach der Anzahl der Haushalte im jeweiligen Verteilnetzgebiet ermittelt.

Netznutzungsentgelte werden für den Ausbau und die Instandhaltung der Leitungen erhoben. Auch die Kosten für Zählerinstallation, Ablesung und Abrechnung sind darin enthalten. Sie werden von den Verbrauchern im jeweiligen Verteilnetz gemeinsam getragen.

 

Strom- und Gaspreise: Geplante Mehrwertsteuererhöhung lässt Preisbremsen verpuffen

 

Die Haushalte in Deutschland profitieren im Durchschnitt nicht von einer Verlängerung der Energiepreisbremsen, wenn gleichzeitig zum Jahreswechsel wieder der volle Mehrwertsteuersatz auf Gas fällig wird. Unter dem Strich verteuert sich Gas damit sogar geringfügig um 18 Euro im Jahr (0,8 Prozent). Das zeigt eine Analyse des Vergleichsportals Verivox

 

Gaspreisbremse: Höhere Mehrwertsteuer und Preisbremsenersparnis gleichen sich aus

 

Durch die geplante Verlängerung der Gaspreisbremse bis Ende März 2024 würden die durchschnittlichen Gaskosten für einen Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden von 2.497 Euro auf 2.460 Euro sinken – was einer rechnerischen Entlastung von 38 Euro (1,5 Prozent) entspräche. Durch die gleichzeitige Anpassung der Mehrwertsteuer von 7 auf 19 Prozent steigen die jährlichen Kosten jedoch auf 2.516 Euro an – ein Anstieg um 18 Euro (0,8 Prozent). Günstiger würde es lediglich für Haushalte, die noch in der teuren Gas-Grundversorgung beliefert werden. Hier sinken die Jahreskosten unterm Strich um 56 Euro von 3.177 Euro auf 3.121 Euro (1,8 Prozent).

 

"Der entlastende Effekt der Preisbremsen ist für einen durchschnittlichen Haushalt nur noch gering. Durch das vorzeitige Aus der reduzierten Mehrwertsteuer verpufft er aber vollends", erklärt Thorsten Storck, Energieexperte von Verivox. "Verbraucher, die in der teuren Grundversorgung verharren, werden hingegen weiterhin durch die Preisbremsen entlastet. Auf diejenigen, die sich um einen günstigen Tarif unterhalb der Preisbremsen gekümmert haben, schlägt der höhere Mehrwertsteuersatz künftig voll durch”, so Storck.

 

Verlängerung der Strompreisbremse spart durchschnittlich 6 Euro

 

Die durchschnittlichen Stromkosten würden durch die Verlängerung der Preisbremse geringfügig sinken – von 1.486 Euro auf 1.480 Euro pro Jahr. Das entspricht einem Minus von 6 Euro (0,4 Prozent).

 

Während neue Tarife bereits flächendeckend unter dem staatlichen Preisdeckel liegen und damit nicht von einer Verlängerung der Preisbremsen profitieren, fiele die Ersparnis in der örtlichen Grundversorgung auch hier leicht höher aus. Hier würden die Stromkosten von derzeit durchschnittlich 1.868 Euro auf 1.842 Euro sinken. Das entspricht einer Entlastung von 26 Euro oder 1,4 Prozent.

 

Methodik

Die durchschnittlichen Strom- und Gaskosten wurden anhand des Verivox-Verbraucherpreisindex ermittelt. Der Verivox-Verbraucherpreisindex berücksichtigt die Preise der örtlichen Grundversorger sowie die der wichtigsten überregionalen Versorger. Die Kostenersparnis aus der Verlängerung der Strom- und Gaspreisbremse bis zum 31. März 2024 wurde anteilig berechnet – ebenso die um drei Monate vorgezogene Rückkehr auf den vollen Mehrwertsteuersatz bei Gas.

 

Der Strompreis fällt: Ist ein Anbieterwechsel empfehlenswert?

 

Aktuell sinken die Preise für Strom. Vielen Menschen stellt sich die Frage, ob ein Anbieterwechsel sinnvoll ist. Die Energieberatung der Verbraucherzentrale erläutert, worauf derzeit zu achten ist.

Nach einem anhaltenden Hoch sinken Strompreise aktuell wieder, so dass ein neuer Stromvertrag interessant erscheint. Die günstigsten Energieversorger bieten derzeit Strom für weniger als 30 Cent pro Kilowattstunde an. Nach den unerwarteten Preiserhöhungen und plötzlichen Lieferstopps bei einzelnen Energieanbietern im vergangenen Jahr kann für Verbraucher:innen ein Wechsel von der Grundversorgung zu alternativen Tarifen attraktiv sein, wenn sie ein paar Tipps beachten.

 

Folgende Punkte sollten bei einem Wechsel bedacht werden:

 

Für eine aktuelle Tarifabfrage ist es zunächst wichtig, sich über den bestehenden Tarif und die Konditionen klar zu sein: Wichtige Informationen finden sich in den Vertragsunterlagen und auf der letzten Rechnung.

Viele Stromversorger und Stadtwerke bieten unterschiedliche Tarife an. So sollten nicht nur unterschiedliche Anbieter, sondern auch deren verschiedene Tarife verglichen werden.

Vergleichsportale bieten nur eine erste Orientierung. Die dort gelisteten Anbieter und Angebote sollten genau geprüft werden. Manche der dort gelisteten Anbieter wurden bereits mehrfach von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg abgemahnt. Auch sind nicht alle Anbieter dort zu finden. Oft ist es hilfreich, Freunde und Bekannte nach ihren Erfahrungen mit Stromanbietern zu befragen.

Strompreise bleiben weiter in Bewegung, daher sollten neue Energielieferverträge am besten monatlich kündbar sein oder eine kurze Laufzeit haben. Länger als ein Jahr sollten sie keinesfalls sein.

Weitere Informationen zum Anbieterwechsel finden sich unter: https://www.vz-bw.de/node/10645

 

Auch wenn aktuell die Strompreise fallen, zeichnet sich langfristig eine stetige Erhöhung ab. Während vor 20 Jahren der durchschnittliche Preis für eine Kilowattstunde Strom bei knapp 14 Cent lag, waren dafür im Jahr 2019 vor der Corona-Pandemie im Mittel 30,46 Cent fällig. Der Peak war im Oktober 2022 erreicht, als einzelne Preise die 70 Cent-Marke pro Kilowattstunde durchbrachen.

 

Bei Fragen zum Energiesparen hilft die Energieberatung der Verbraucherzentrale mit ihrem Angebot weiter. Die Beratung findet online, telefonisch oder in einem persönlichen Gespräch statt. Unsere Energie-Fachleute beraten anbieterunabhängig und individuell. Mehr Informationen gibt es auf www.verbraucherzentrale-energieberatung.de oder bundesweit kostenfrei unter 0800 – 809 802 400. Die Energieberatung der Verbraucherzentrale wird gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz

 

Was ändert sich 2023 im Energiebereich?

 

Viele Entlastungen für Verbraucher geplant

 

Viele neue Vorschriften sollen Verbraucherinnen und Verbraucher ab dem Jahreswechsel vor hohen Kosten für Wärme und Strom schützen. Im Fokus steht, den Energieverbrauch zu verringern und erneuerbare Energien zu stärken. Wie das gelingen kann, darüber informiert die Energieberatung der Verbraucherzentrale Bayern.

 

Zur Entlastung von Haushalten ist geplant, die Preise für Strom, Gas und Fernwärme für 80 Prozent des prognostizierten Jahresverbrauchs nach oben zu begrenzen. Der Preis für Erdgas soll bis April 2024 bei 12 Cent pro Kilowattsunde (kWh) eingefroren werden, Fernwärme bei 9,5 Cent/kWh und Strom bei 40 Cent/kWh. Für den Rest des Verbrauchs gelten Marktpreise. Wer Kosten sparen will, sollte den Verbrauch also um 20 Prozent reduzieren.

 

Förderung von Sonnenstrom wird deutlich verbessert

 

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz, kurz EEG, wird zum Jahreswechsel erneut geändert. Für neue und bestehende Anlagen entfällt die Pflicht zur Begrenzung der Einspeiseleistung auf 70 Prozent der Nennleistung. Die Anschaffung von neuen Photovoltaikanlagen wird von der Mehrwertsteuer befreit. Zudem ist geplant, ab 2023 die Erträge von Photovoltaikanlagen bis 30 Kilowatt von der Einkommenssteuer zu befreien.

 

Energiesparinvestitionen werden zielgenauer gefördert

 

Heizungen werden ab 2023 vom Staat nur noch gefördert, wenn das Gebäude zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbarer Energie beheizt wird. Bauliche Energiesparmaßnahmen werden ab Januar auch dann gefördert, wenn sie in Eigenleistung durchgeführt werden. Wer eine Biomasseheizung etwa für Holzpellets wählt, muss auch die Solarthermie nutzen, um eine Förderung zu erhalten. Außerdem müssen Biomasseheizungen höhere Anforderungen bei den Schadstoffemissionen erfüllen. Der Bonus für die Sanierung energetisch sehr schlechter Häuser soll darüber hinaus erhöht werden. Zusätzlich kann auch die Miete provisorischer Heizungen gefördert werden, wenn die Heizung im Zuge eines Defekts ausgetauscht wird.

 

Energieeffizienzvorschriften für Neubauten

 

Der Primärenergieverbrauch darf künftig maximal beim Wert eines aktuellen Effizienzhaus 55 liegen. Strom aus Photovoltaikanlagen darf bei der Bilanzierung eines Neubaus auch dann angerechnet werden, wenn kein Eigenverbrauch des Solarstroms im Gebäude vorliegt.

 

Strom- und Gaspreise der Grundversorgung steigen stark an

 

Die Energiekrise hat immer stärkere Auswirkungen auf die Haushalte in Deutschland. Im neuen Jahr steigen die Strom- und Gaspreise für Millionen von Kunden. Hunderte regionale Energieversorger erhöhen ihre Preise bei Strom um durchschnittlich 61 Prozent und bei Gas im Schnitt um 54 Prozent. Das zeigt eine Analyse des Vergleichsportals Verivox.

 

Preiserhöhungswelle rollt bei Strom und Gas

 

Für Strom haben örtliche Grundversorger zum Jahreswechsel 2022/2023 insgesamt 137 Strompreiserhöhungen um durchschnittlich 61 Prozent angekündigt. Für einen Drei-Personen-Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 4.000 Kilowattstunden (kWh) entspricht das Mehrkosten von rund 784 Euro im Jahr.

 

Auch die Gaspreise der örtlichen Anbieter steigen im neuen Jahr weiter an. Für Januar 2023 haben regionale Grundversorger insgesamt 167 Gaspreiserhöhungen um durchschnittlich 54 Prozent angekündigt. Für ein Einfamilienhaus mit einem Jahresverbrauch von 20.000 kWh steigen die Heizkosten um rund 1.247 Euro im Jahr.

 

Warum werden die Preise so stark erhöht?

 

Die Gründe für die starken Preissteigerungen sind die hohen Großhandelspreise für Strom und Gas im Zuge der Energiekrise sowie ein deutlicher Anstieg der Netzgebühren in beiden Bereichen.

 

Bei einem Verbrauch von 4.000 kWh steigen die Stromnetzkosten im Jahr 2023 voraussichtlich bundesweit von 303 Euro auf 360 Euro an. Das entspricht einem Preisanstieg von 19 Prozent und Mehrkosten von 57 Euro pro Jahr.

 

Zum Jahreswechsel steigen die Gasnetzgebühren im bundesweiten Durchschnitt ebenfalls deutlich um rund 18 Prozent auf 390 Euro netto an. Für einen Musterhaushalt in einem Einfamilienhaus (20.000 kWh) bedeutet dies Mehrkosten von rund 61 Euro pro Jahr.

 

„Mit dem Preisanstieg bei den örtlichen Grundversorgungstarifen kommen die Kosten der Energiekrise bei immer mehr Haushalten an“, sagt Thorsten Storck, Energieexperte bei Verivox.

 

„Die Versorger geben das hohe Preisniveau im Großhandel und die steigenden Netzgebühren weiter. Die Pläne für die Strom- und Gaspreisbremse können zwar für Entlastung sorgen, die Folgen der Energiepreisexplosion werden dadurch jedoch nur abgedämpft. Das Preisniveau für Energie ist historisch hoch und schmälert die Kaufkraft der Haushalte.“

 

Strom- und Gaspreise haben bereits 2022 stark angezogen

 

Im Januar 2022 lag der Strompreis für einen Jahresverbrauch von 4.000 kWh im örtlichen Grundversorgungstarif noch bei durchschnittlich 1.406 Euro. Im November 2022 liegt er bei durchschnittlich 1.477 Euro – das entspricht einer Steigerung von rund 5 Prozent. Dieser Anstieg erscheint vergleichsweise moderat, doch wurde zum Juli 2022 die EEG-Umlage von 3,72 Cent/kWh abgeschafft. Würde sie immer noch fällig werden, läge der Durchschnittspreis im November bei 1.654 Euro und der Preisanstieg bei 18 Prozent.

 

Im örtlichen Gas-Grundversorgungstarif lagen die bundesweit durchschnittlichen Kosten für 20.000 kWh im Januar 2022 noch bei 1.954 Euro, im November 2022 liegen sie bei 2.737 Euro, was einem Anstieg von 40 Prozent entspricht. Hier hat sich die Senkung der Mehrwertsteuer von 19 auf 7 Prozent ab Oktober 2022 preisdämpfend ausgewirkt. Würden immer noch 19 Prozent fällig werden, läge der Durchschnittspreis im November bei 3.044 Euro und der Preisanstieg bei 56 Prozent.

 

Methodik

Verivox hat die verfügbaren veröffentlichungspflichtigen Gas- und Strompreise für Bestandskunden der rund 700 örtlichen Gas- Grundversorger und der rund 800 örtlichen Strom-Grundversorger in Deutschland ausgewertet. Noch bis zum 20. November haben Versorger Zeit, Preisänderungen zum kommenden Jahr bekannt zu geben.

 

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