Diese Entscheidung sollte gut überlegt sein
Immer wieder klagen Kassenpatientinnen und -patienten darüber, dass sie hohe Beiträge zahlen müssen, obwohl sie mit den Leistungen ihrer Krankenkasse nicht zufrieden sind. Das Angebot privater Krankenversicherungen klingt daher verlockend: Sie versprechen die Übernahme großer Anteile der Rechnung etwa für hochwertigen Zahnersatz, alternative Heilmethoden oder eine Chefarztbehandlung im Krankenhaus. Und das alles für einen moderaten Beitrag. Doch lohnt sich ein Wechsel in das private System auch auf lange Sicht?
In der GKV Kinder kostenlos mitversichern
In der gesetzlichen Krankenversicherung richtet sich der Beitrag nach den Einnahmen des Versicherten. „Gerade bei finanziellen Engpässen kann sich das besonders günstig auswirken“, sagt Bastian Landorff, Krankenversicherungsexperte bei der Verbraucherzentrale Bayern. Zudem wird das Einkommen nur bis zu einem gewissen Maximum zur Beitragsberechnung herangezogen, der sogenannten Beitragsbemessungsgrenze. Kinder und Ehepartner können unter bestimmten Voraussetzungen kostenlos mitversichert werden. Das macht das gesetzliche System für Familien umso attraktiver. Wechselt zumindest einer der beiden Ehegatten in das private System, wird in vielen Fällen plötzlich auch ein eigener Beitrag für die Kinder notwendig. „Das hängt vom Einkommen der Eltern ab“, so der Experte. „Diese finanzielle Mehrbelastung sollte man in die Entscheidung miteinbeziehen.“
Beiträge in der PKV können sich stark erhöhen
Die Angebote der privaten Krankenversicherer richten sich in erster Linie an Angestellte mit hohem Einkommen, Selbständige und Beamte. Der anfängliche Beitrag hängt ab von Alter, Gesundheitszustand und Leistungsumfang. Durch gesundheitliche Vorbelastungen und ein fortgeschrittenes Alter können sich die Beiträge erhöhen. „Wer in das private System wechseln möchte, sollte berücksichtigen, dass der Beitrag im Lauf der Jahre stark erhöht werden kann“, so Bastian Landorff. Oft reduzieren privat Krankenversicherte ihren Leistungsumfang im Laufe der Zeit, um Geld zu sparen. Aus dem anfänglich guten Versicherungsschutz wird dann eine abgespeckte Leistungspalette. Einige privat Krankenversicherte bereuen ihren Entschluss daher. „Ein Wechsel zurück in die gesetzliche Kasse ist in vielen Fällen nicht möglich oder mit erheblichen Umstellungen verbunden“, gibt Bastian Landorff zu Bedenken. Deshalb sollten vor einem Wechsel in die private Krankenversicherung die langfristigen Vor- und Nachteile beider Krankenversicherungssysteme abgewogen werden. Eine Rolle spielen die jeweiligen Leistungsunterschiede, die berufliche und familiäre Entwicklung und Besonderheiten im Ruhestand.
Für viele ist der Urlaub die schönste Zeit des Jahres. In diesem Zusammenhang möchte niemand an Krankheit denken. Doch eine Erkrankung auf Reisen ist nicht nur ärgerlich, sondern kann bei unzureichendem Versicherungsschutz auch richtig teuer werden – sogar für Privatversicherte. „Wir treffen immer wieder auf Privatversicherte, die der irrigen Meinung sind, privat versichert heißt, gegen alles versichert zu sein“, so BdV-Pressesprecherin Bianca Boss. Doch das ist nicht der Fall und nicht gedeckte Kosten können im schlimmsten Fall den finanziellen Ruin bedeuten. Der Bund der Versicherten e. V. (BdV) empfiehlt daher Privatversicherten, genau zu überprüfen, wie der Versicherungsumfang im außereuropäischen Ausland aussieht und ob es Lücken zu schließen gilt.
Im Urlaub durch einen Unfall oder eine plötzliche Krankheit auf ärztliche Hilfe angewiesen zu sein, ist kein schöner Gedanke. Dennoch sollten sich Reisewillige mit diesem Risiko befassen und vor etwaigen finanziellen Folgen schützen. „Das gilt nicht nur für Mitglieder einer gesetzlichen Krankenkasse (GKV), für die eine Auslandsreisekrankenversicherung unbedingt zu empfehlen ist. Auch Privatversicherte sollten ihren Versicherungsschutz prüfen“, erläutert BdV-Pressesprecherin Bianca Boss. Das können sie zum einen durch einen Blick in die Versicherungsbedingungen tun, zum anderen können sie sich direkt an ihre Versicherung wenden. Bei dieser Gelegenheit sollten sie sich den vereinbarten Schutz am besten noch einmal schriftlich bestätigen lassen.
Grundsätzlich besteht in der privaten Krankenversicherung (PKV) europaweit ein zeitlich unbegrenzter Versicherungsschutz – für das außereuropäische Ausland unterscheiden sich die Leistungen der Tarife. Die Musterbedingungen des Verbandes der Privaten Krankenversicherung e. V. sehen vor, dass der Versicherungsschutz auch ohne besondere Vereinbarung während des ersten Monats „eines vorübergehenden Aufenthaltes im außereuropäischen Ausland“ besteht. Muss der Aufenthalt wegen notwendiger Heilbehandlung darüber hinaus verlängert werden, besteht demnach Versicherungsschutz, solange die Versicherten „die Rückreise nicht ohne Gefährdung ihrer Gesundheit antreten" können – längstens aber für weitere zwei Monate. „In ihren Bedingungswerken weichen die Versicherer zwar häufig positiv für die Versicherten von den Musterbedingungen ab, Verbraucherinnen und Verbraucher sollten dennoch klären, ob Versicherungsschutz in gewünschtem Umfang besteht, sonst kann es zu bösen Überraschungen kommen“, so Boss.
„Auch wenn ausreichender Schutz im außereuropäischen Ausland besteht, kann sich eine Auslandsreisekrankenversicherung für Privatversicherte lohnen“, erläutert die Verbraucherschützerin. So ist in einigen Bedingungswerken die Übernahme der Kosten für einen Auslandsrücktransport nicht vorgesehen. Zudem behalten Privatversicherte ihren Anspruch auf eine mögliche Beitragsrückerstattung, wenn sie ihre PKV nicht in Anspruch nehmen. Außerdem greift die Auslandsreisekrankenversicherung auch dann, wenn die im Urlaub entstandenen Krankheitskosten unter die eventuell vereinbarte Selbstbeteiligung fallen würden.
Viele Versicherte werden sich demnächst wieder verwundert die Augen reiben, wenn Sie von ihren PKV-Versicherungen die Beitragsrechnungen für das kommende Jahr erhalten. Saftige Erhöhungen bei evtl. reduzierten Leistungen. Was die wenigsten Versicherten wissen: Auch in der PKV ist ein Tarifwechsel möglich. Der Paragraf 204 (VVG) sagt zusammenfassend aus, dass die Versicherten das gesetzlich verbriefte Recht haben, innerhalb der Gesellschaft in alle gleichartigen Tarife unter Mitnahme ihrer vollen Alterungsrückstellung zu wechseln. Bietet der Zieltarif jedoch Mehrleistungen als der bestehende Tarif, so kann der Versicherer für diese, eine erneute Gesundheitsprüfung und ggf. einen Risikozuschlag verlangen. Verzichtet der Versicherte auf diese Mehrleistung, bleibt er diesbezüglich auf dem jetzigen Niveau. Der Versicherer muss dem Kunden neben dem Standard- oder Basistarif mindestens einen Alternativvorschlag unterbreiten. Nach § 6, Abs. 2 VVGInfoV, können es sogar bis zu zehn sein.
Beraten und verkauft
Viele Verbraucher wollen oder können sich jedoch aus Unwissen, Desinteresse oder einfach auch aus zeitlichen Gründen damit nicht selbst beschäftigen und verlassen sich auf Ihren Versicherungsvertreter bzw. -makler des Vertrauens oder auf ein Vergleichsportal im Internet. In beiden Fällen sollte der Verbraucher nach Aussage des PKV-Experten und Marktbeobachters Gerd Güssler von KVpro.de, die jeweiligen Angebote jedoch stets kritisch hinterfragen, sich nicht blind darauf verlassen und nur nach dem billigsten Angebot / Tarif suchen! Viele unseriöse Berater nutzen diese Situation leider oftmals zu ihren Gunsten schamlos aus, da der Berater / Verkäufer vom Versicherer für seine Beratungsleistung bei einem Tarifwechsel innerhalb des Hauses kein Geld erhält – seine Arbeit wird nicht entlohnt. Deshalb wird oft zum Neuabschluss, also zum Stallwechsel gegriffen – nur dafür bekommt der Verkäufer eine Provision. Jedes Jahr werden so unzählige Versicherte getreu dem Motto „Ihre Kasse erhöht schon wieder die Beiträge, nichts wie weg“ regelrecht zum Kassenwechsel getrieben, oftmals mit der Folge, dass die bis zu diesem Zeitpunkt einbezahlten Prämien / die Altersrückstellungen sowie wertvoll erworbene Rechte für immer verloren sind. Im Internet dagegen wird oft mit billigen Lock-Angeboten geworben, die nur ein Ziel haben, nämlich Adressen und persönliche Daten zu generieren um diese wiederum an Produktvermittler zu verkaufen.
Checkliste für einen Versicherungswechsel
Versicherte / Verbraucher sollten bei einem Tarifwechsel auf Folgendes achten:
1. Der seriöse, qualifizierte Berater / Makler lässt sich die Unterlagen des bestehenden Versicherungstarifs geben (die Versicherungspolice).
2. Er wird mit Ihnen darüber sprechen, wie lange sie schon in diesem Tarif versichert sind. In diesem Zusammenhang sollte er Sie über das Thema „Altersrückstellungen“ und zustehende Rechte informieren.
3. Er wird mit Ihnen über Ihre Wünsche und Erwartungen an Ihre Krankenversicherung sprechen, die gemachten Erfahrungen mit dem aktuellen Versicherungstarif analysieren und wird Fragen zur aktuellen gesundheitlichen, familiären und finanziellen Situation stellen.
4. Er wird mit Ihnen ausführlich besprechen, inwiefern der bestehende Versicherungstarif Ihren ermittelten Bedürfnissen entspricht. Dabei wird er insbesondere nicht nur darauf eingehen, welche Leistungen versichert sind, sondern auch – und besonders wichtig – feststellen, „Von was wie viel“ Sie versichert haben (Erstattungsniveau), welche Kostenrisiken Sie momentan eingegangen sind und evtl. vorhandene Risikozuschläge auf ihre Berechtigung hin mit Ihnen überprüfen.
5. Er wird Sie darüber aufklären, dass grundsätzlich ein adäquater und jederzeit ergänzender Versicherungsschutz bei einem Monatsbeitrag ab ca. 400 € beginnt. Angebote darunter sind i. d. R. nur für Personen geeignet, die finanziell in der Lage sind, große Teile ihrer Krankheitskosten selbst zu tragen.
6. Auf Basis dieser Informationen wird er eine Empfehlung aussprechen, ob es sinnvoll ist, den bestehenden Versicherungsschutz so zu belassen, einen Tarifwechsel innerhalb des Versicherers durchzuführen oder den Versicherer ganz zu wechseln.
7. Bei einer Wechselempfehlung wird er Ihnen genau aufzeigen, worin sich Ihr künftiger Versicherungsschutz von dem bestehenden unterscheidet, z. B. höheres oder niedrigeres Erstattungsniveau, Gewinn oder Verlust bei einem „Stallwechsel“, also einem Wechsel des Versicherers und mit Ihnen einen tragfähigen Kompromiss erarbeiten, der Sie finanziell nicht überfordert. Besseren oder gleichen Schutz für weniger Geld gibt es jedoch nicht.
8. Er wird eine ausführliche Beratungsdokumentation nach den Vorschriften des VVG anfertigen, das Ihre Wünsche und Bedürfnisse verbunden mit seinem Rat und seiner Empfehlung sowie Ihrer Entscheidung dokumentiert. Er wird Sie nicht dazu auffordern, auf die Dokumentation schriftlich zu verzichten.
Ein privat Krankenversicherter ist verpflichtet, bei der Versicherung einzureichende Rechnungen darauf zu überprüfen, ob die tatsächlich vorgenommene Behandlung
abgerechnet wird. So erhielt beispielsweise eine privat versicherte Dame eine Bioresonanztherapie bei einem Arzt für bioenergetische Medizin und Naturheilverfahren. In der Rechnung wurden vom Arzt
zudem eine Akupunkturbehandlung und eine Infiltrationsbehandlung abgerechnet, obwohl er diese Behandlungen tatsächlich nicht vorgenommen hatte. Die Patientin reichte die Arztrechnung bei ihrer
Privatversicherung ein, ohne dies zu monieren. Die Behandlungskosten wurden ihr von ihrer Krankenversicherung erstattet.
Nachdem die Krankenversicherung Jahre später davon Kenntnis erlangte, dass die von ihr erstatteten Leistungen nicht erbracht worden waren, forderte sie den
Erstattungsbetrag von der Patientin zurück. Die Versicherungsnehmerin weigerte sich, das Geld zurückzuzahlen. Sie argumentierte, als medizinischer Laie habe sie nicht bemerkt, dass in der Rechnung
andere Positionen aufgeführt waren, als die tatsächlich vorgenommenen Leistungen. Laut Gericht muss sie den Betrag zurückzahlen. Denn für den Versicherungsnehmer einer privaten Krankenversicherung
besteht zumindest die nebenvertragliche Pflicht, die von ihm bei seinem Versicherer eingereichte Rechnung darauf zu prüfen, ob die darin aufgeführten Leistungen auch tatsächlich durchgeführt wurden.
Denn dem Versicherungsunternehmen sei es naturgemäß nicht möglich, selbst Einblick in die tatsächlich durchgeführten Behandlungen zu nehmen, erklären ARAG Experten (AG München, Az.: 282 C
28161/12).