Vertrauen ist gut, aber Kontrolle besser?
Insbesondere bei Führungskräften lösen Homeoffice-Regelungen nicht immer Begeisterungstürme aus. Durch die Remote-Work-Situation scheinen Mitarbeiter nicht mehr greifbar. Sehen, was das Team tut? Fehlanzeige. Und überhaupt kann niemand sagen, ob alle wirklich arbeiten oder nur auf dem Sofa sitzen, Kaffee trinken und die Füße hochlegen. Anstatt auf Distance Leadership Skills zu setzen, begegnen einige Unternehmen diesem vermeintlichen Kontrollverlust mit technischer Aufrüstung und mutieren zu regelrechten Doppel-Null-Spionen. Dabei sind zumindest in Sachen Gadgets der Überwachung kaum Grenzen gesetzt. Von der Erfassung von Tastenanschlägen bis hin zur KI-gestützten Gesichtserkennungssoftware, die etwa Müdigkeit als Anzeichen für Unproduktivität wertet, ist alles möglich. Juristisch sieht das hingegen ganz anders aus. „Trotz Pandemie, Homeoffice-Optionen und neuen Arbeitsmodellen gibt es vonseiten des Gesetzgebers keine Lizenz zum Schnüffeln“, betont Paul-Benjamin Gashon, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Korten Rechtsanwälte AG.
Doch was ist eigentlich erlaubt?
Wollt ihr die totale Überwachung? Mangelndes Vertrauen oder teilweise schlechte Erfahrungen etwa mit Arbeitszeitbetrug? Erklärungen für das Ausspähen von Mitarbeitern gibt es einige. „Eine wirklich gute Idee ist ein solches Vorgehen in aller Regel trotzdem nicht“, unterstreicht der Arbeitsrechtler. Neben negativen Auswirkungen auf Motivation, Produktivität und Loyalität sind Überwachungsmaßnahmen im Job juristisch streng geregelt. Und das gilt sowohl für die Arbeit im Office als auch im Homeoffice. „Es müssen nicht nur die datenschutzrechtlichen Vorgaben eingehalten, sondern auch die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter gewahrt werden“, erklärt Paul-Benjamin Gashon. Grundsätzlich müssen alle Maßnahmen zur Erhebung von personenbezogenen Daten der Arbeitnehmer, wie etwa die Arbeitsleistung, verhältnismäßig sein. Sie sind angehalten, sich auf das unbedingt erforderliche Maß zu beschränken und die wechselseitigen Interessen beider Parteien zu berücksichtigen. Daher ist eine anlasslose Totalüberwachung der Mitarbeiter, beispielsweise über ein sogenanntes Keylogger-Programm, das jeden Anschlag auf der Tastatur aufzeichnet, über heimlich eingeschaltete Kameras und Mikrofone oder das Mitlesen der gesamten E-Mail-Kommunikation unzulässig. „Solche drastischen Eingriffe in die Privatsphäre können nur in Ausnahmefällen zulässig sein, wenn ein dringender Verdacht einer Straftat oder einer gravierenden Pflichtverletzung gegen einzelne Arbeitnehmer besteht. Ein Generalverdacht nach dem Motto ‚Die Mitarbeiter machen sich eine zu Hause eine schöne Zeit‘ genügt nicht“, so der Experte. Ohne konkrete und begründet Anhaltspunkte müssen Unternehmen die Finger vom Browserverlauf, den Chatprotokollen oder den E-Mails ihrer Angestellten lassen.
Was Big Brother darf
Zwischen totalem Kontrollverlust und orwellschem Albtraum gestattet der Gesetzgeber bestimmte Monitoring-Maßnahmen. Grundsätzlich erlaubt sind Lösungen, die beispielsweise das Login-Verhalten von Teammitgliedern registrieren. „Ähnlich wie bei einer Stempeluhr sind solche milden Formen der Kontrolle nicht nur gestattet, sondern auch sinnvoll, um beispielsweise eventuelle Überschreitungen der gesetzlichen Höchstarbeitszeiten festzustellen“, führt der Jurist aus. Für eine engmaschigere Kontrolle rät der Experte vor einer Implementierung immer dazu, im Einzelfall die individuellen Rechte, den Anwendungsbereich der DSGVO und gegebenenfalls sogar die Mitbestimmungsrechte eines Betriebsrats zu berücksichtigen und abzuwägen. Tun Unternehmen das nicht, drohen kostspielige Konsequenzen. So können bespitzelte Mitarbeiter neben einer Unterlassung auch einen Schadensersatzanspruch geltend machen. „Wer rechtswidrig personenbezogene Daten erhebt, muss seit Inkrafttreten der Datenschutzgrundordnung mit einer erheblichen Geldbuße rechnen“, ergänzt der Anwalt. Sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren ist möglich. „Wenn Unternehmen widerrechtlich Telefonate der Arbeitnehmer aufzeichnen, wird die Vertraulichkeit des Wortes verletzt“, so Paul-Benjamin Gashon. „Und in einem solchen Fall ist bereits der Versuch strafbar.“
Viele Arbeitnehmer, deren Tätigkeit es erlaubt, arbeiten wegen der Corona-Epidemie zu Hause im Home-Office. Oftmals war Home-Office nicht regulär vorgesehen und es gibt keine Vereinbarungen dazu in den Arbeitsverträgen. In Folge nutzen Arbeitnehmer ihre privaten Telefon- und Internetanschlüsse, Geräte und Büromaterialien. Wer keine Flatrate hat, zahlt Entgeltgebühren für berufliche Telefonate. Für den Druck von Geschäftspapieren fallen Papier und Toner an. Strom wird für den Betrieb eines Laptops auf jeden Fall benötigt. Wer kommt für diese Kosten auf?
Derartige Kosten kann der Arbeitgeber entweder steuerfrei erstatten oder der Arbeitnehmer als Werbungskosten in der Steuererklärung angeben. Das ist unabhängig davon, ob ein häusliches Arbeitszimmer abgesetzt werden kann oder nicht, so die Lohnsteuerhilfe Bayern.
Steuerfreie Erstattung durch den Arbeitgeber
Ist der berufliche Nutzungsanteil an den Kosten für Telekommunikation auf die Schnelle nicht ermittelbar, kann der Arbeitgeber 20 Prozent der Kosten, maximal 20 Euro pro Monat steuerfrei erstatten. In diesem Fall sind keinerlei Nachweise notwendig. Bei schwankenden Telefonkosten kann der Arbeitgeber die Rechnungsbeträge für einen repräsentativen Zeitraum von drei Monaten zugrunde legen.
Übersteigen die beruflichen Telefonkosten 20 Euro im Monat, müssen Nachweise erbracht werden. Die Basiskosten für den Anschluss und die Verbindungsentgelte müssen beide in einen betrieblichen und privaten Nutzungsanteil aufgeteilt werden. Der berufliche Anteil wird anhand des Anteils der beruflichen Verbindungsentgelte an den gesamten Verbindungsentgelten ermittelt. Dies erfordert akribische Aufzeichnungen, an welchem Tag und zu welcher Uhrzeit berufliche Gespräche geführt wurden. Auch hierfür reicht ein repräsentativer Zeitraum von drei Monaten aus. Der dabei ermittelte berufliche Anteil kann auf das ganze Jahr übertragen werden.
Selbiges Prinzip gilt auch für andere regelmäßig wiederkehrende Kosten. Die Erstattung dieser Auslagen durch den Arbeitgeber ist grundsätzlich in unbegrenzter Höhe steuerfrei.
Werbungskostenabzug durch den Arbeitnehmer
Erstattet der Arbeitgeber die angefallenen Kosten für die berufliche Nutzung von Telekommunikation nicht, hat der Arbeitnehmer immer noch die Möglichkeit, diese in der Steuererklärung als Werbungskosten anzusetzen. Die verschiedenen Möglichkeiten entsprechen denen der Erstattung durch den Arbeitgeber. Ohne Nachweise werden 20 Prozent der Rechnungsbeträge, maximal 20 Euro für jeden Monat, anerkannt. Wer höhere Kosten ansetzen möchte, muss diese einzeln belegen und Nutzungsanteile ermitteln, so die Lohnsteuerhilfe Bayern.